Eigentlich sollte der CO2-Ausstoß sinken. Doch fast zehn Jahre nach dem Pariser Klimaabkommen gehen die Werte einiger Unternehmen und Staaten steil bergauf. Ein Überblick.
Mit Shell die Energiewende schaffen – geht das? Der Konzern glaubt das sehr wohl. Oder möchte es zumindest Konsumenten und Entscheidungsträger glauben lassen. Das Unternehmen sieht sich als „bedeutender Investor der Energiewende“, weil es bis Ende 2025 CO2-arme Energielösungen mit zehn bis 15 Milliarden US-Dollar unterstützen will. Außerdem sollen die Emissionen verglichen mit denen von 2016 bis 2030 halbiert werden. Schon jetzt habe man mehr als 60 Prozent des Ziels erreicht, verkündete das Unternehmen zuletzt.
Nur gehört Shell aber zu den Top Ten der weltweiten Unternehmen, die ihren CO2-Ausstoß seit der Unterzeichnung des Pariser Klimaabkommens erhöht haben. Das legt zumindest der aktuelle Report der Datenplattform Carbon Majors nahe. Für die Untersuchung haben Wissenschaftler Emissionszahlen aus der Kohle-, Öl-, und Gasförderung sowie der Zementproduktion von 122 Klimasündern ausgewertet und festgestellt: 78 Unternehmen und Staaten sind für 70 Prozent des globalen CO2-Ausstoßes seit den 1850er Jahren verantwortlich. In den vergangenen acht Jahren gingen 80 Prozent der weltweiten Emissionen auf die Kappe von 57 Firmen und Staaten. Shell steht in dem Ranking unter den Spitzen-Emittenten an vierter Stelle.PAID Kommentar Emissionen_1519
Fast 200 Staaten hatten sich 2016 eigentlich darauf geeinigt, das Klima und die Umwelt besser zu schützen. Wie genau die Ziele umgesetzt werden sollen, blieb dabei jedem selbst überlassen. Ohne Sanktionen und verpflichtende Richtlinien scheint es aber nicht zu gehen, zeigt die Datenauswertung. Denn verglichen mit den Jahren vor dem Abkommen haben einige Megakonzerne und Länder ihre Emissionen in den vergangenen Jahren weiter massiv erhöht. Das gilt für 55 Prozent der privaten Unternehmen und 65 Prozent der Staaten und den von ihnen kontrollierten Firmen.
Kohleförderung in Asien massiv gestiegen
Besonders stark stiegen die Werte in Asien, heißt es in dem Bericht. 87 Prozent der dort ansässigen Unternehmen haben ihren CO2-Fußabdruck vergrößert, dicht gefolgt von Firmen im Nahen Osten. Je weiter westlich, desto geringer der Anteil derer, die das schädliche Treibhausgas in die Atmosphäre pusten. Doch selbst dort sind es immer noch mehr als die Hälfte der untersuchten Konzerne.
Kontinenten mit den meisten klimaschädlcihen Konzernen
Den Anstieg führen die Wissenschaftler in ihrem Report für Carbon Major auf die Kohleförderung zurück, die besonders in Asien zuletzt sprunghaft angestiegen ist. Nach dem Pariser Abkommen haben private und staatliche Unternehmen den weltweiten Kohleverbrauch bis 2022 um fast acht Prozent erhöht. Die Emissionen aus der Förderung beziffern die Wissenschaftler auf knapp 50 Prozent. Spitzenreiter ist China, dessen Kohleproduktion für 14 Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich ist. Für dieses Jahr erwarten die Wissenschaftler einen neuen Höchstwert.
Die größten Klimasünder
Insgesamt sind Nationalstaaten für 36 Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich. An der Spitze stehen laut der Auswertung China, die ehemalige Sowjetunion, Polen und das Russland von heute. Unter den staatlichen Konzernen zählen Saudi Aramco, Gazprom und die National Iranian Oil Company zu den Top-Emittenten.
Private Firmen verursachten 440 Gigatonnen Kohlenstoffdioxid, was knapp über 30 Prozent der globalen Emissionen entspricht. Die Spitzenreiter: Die US-Konzerne Chevron und Exxon Mobil sowie die britischen Konkurrenten BP und Shell. Allein Exxon Mobil soll innerhalb der vergangenen zehn Jahre 3,6 Gigatonnen CO2 produziert haben; das entspricht 1,4 Prozent der Gesamtemissionen.
Westliche Unternehmen wie Shell hatten sich eigene Klimaziele gesetzt. Wie genau sie es damit nehmen, zeigt ein Bericht des britischen „Guardian“. Der britische BP-Konzern, der seine CO₂-Emissionen ursprünglich bis 2030 um 35 Prozent zu reduzieren wollte, hat die Ziele auf 20 bis 30 Prozent herabgesetzt. Exxon Mobil wiederum stoppte laut Bericht die Finanzierung eines prestigeträchtigen Projekts zur Herstellung von kohlenstoffarmen Treibstoffen aus Algen und kündigte stattdessen an, die Förderung auf US-Schieferölfeldern innerhalb der kommenden fünf Jahre verdoppeln zu wollen. Shell plante, die Ölförderung jedes Jahr sukzessive um ein bis zwei Prozent zu drosseln. Laut „Euronews“ hat die Firma den Vorsatz aufgegeben.
Analyst kritisiert Firmen
Carbon-Major-Gründer Richard Heede bezeichnete den Ausbau und die Produktion von Kohle als „moralisch verwerflich“. Gegenüber dem „Guardian mahnte er: „Geben Sie nicht den Verbrauchern die Schuld, die aufgrund der staatlichen Vereinnahmung durch die Öl- und Gasunternehmen gezwungen sind, auf Öl und Gas angewiesen zu sein.“