Versuchter Betrug, Steuerhinterziehung und Veruntreuung von Spendengeldern: Das wird Michael Ballweg vorgeworfen. Seit Mittwoch muss er sich deshalb vor Gericht verantworten.

Die Corona-Zeit mit ihren Schutzmaßnahmen ist längst Geschichte, die Menschen genießen wieder alle Freiheiten wie vor der Pandemie, und die Bewegung der Maßnahmenkritiker hat erheblich an Bedeutung verloren. Dennoch hat „Querdenken“-Initiator Michael Ballweg nach wie vor Anhänger.

Doch seit Mittwoch muss sich der Kopf der Bewegung vor dem Stuttgarter Landgericht verantworten. Dem Gesicht der Demonstrationen gegen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie und Impfkampagnen wird versuchter Betrug in 9450 Fällen sowie versuchte und vollendete Steuerhinterziehung vorgeworfen. Zudem soll er laut Staatsanwaltschaft 1,2 Millionen Euro an Spendengeldern für seine Organisation eingesammelt haben, indem er Tausende Menschen über den Verwendungszweck täuschte.STERN PAID Querdenker Michael Ballweg wird gefeiert 17.45

„Querdenken“-Gründer soll Spendengelder privat genutzt haben

Dabei soll der Unternehmer Ballweg den Spendern vorgegaukelt haben, das Geld nur für die „Querdenken“-Bewegung verwenden zu wollen. Die Staatsanwaltschaft wirft Ballweg jedoch vor, mehr als 575.000 Euro für eigene, private Zwecke verwendet zu haben. Spätestens ab Mai 2020 habe Ballweg geplant, seine durch die Proteste gewonnene Popularität für private Zwecke zu nutzen und sich Geld „zur Bestreitung seines Lebensunterhalts und zur Vermehrung seines Vermögens“ zu verschaffen, sagte die Staatsanwältin bei der Anklageverlesung. Immer wieder habe er Geld auf Privat- und Firmenkonten verschoben, viele Transaktionen seien nicht mehr nachvollziehbar. Der einst erhobene Vorwurf der Geldwäsche wurde jedoch fallen gelassen.

Ballwegs Anwälte hatten die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft stets zurückgewiesen. Sein Anwalt sprach am Mittwoch von einer „sehr lückenhaften und in weiten Teilen unzusammenhängenden, unverständlichen Anklageschrift“. Die Vorwürfe seien „nichts weiter als eine Erzählung“. Ballweg wollte sich vor Gericht weder zu seiner Person noch zu den Vorwürfen äußern. Der 49-Jährige sieht sich als politisch Verfolgter.

Wegen ähnlicher Vorwürfe war Michael Ballweg bereits im Juni 2022 für neun Monate in Untersuchungshaft genommen worden. Im April 2023 wurde er aus der Haft entlassen. Zu diesem Zeitpunkt waren die Demonstrationen gegen Corona bereits abgeflaut.Call it Corona 20:24

Michael Ballweg: „Heute war ein wichtiger Tag für Deutschland“

Ballweg sieht seinem Prozess nach eigenen Worten optimistisch entgegen. „Heute war ein wichtiger Tag für Deutschland“, sagte er nach dem ersten Prozesstag. Im Laufe der Corona-Zeit habe eine „verrückte Verfolgung“ von Kritikern der Corona-Maßnahmen stattgefunden. „Das geht jetzt in die Aufarbeitung.“ Er sei nicht der Einzige, aber er gehe als leuchtendes Beispiel voran, so Ballweg. „Ich gehe da mit Fassung durch.“ Ihm sei im Gerichtssaal noch einmal bewusst geworden, wie wichtig seine Arbeit 2020 und die „Mahnwachen“ für das Grundgesetz und Freiheitsrechte gewesen seien.

Ob Ballweg am Ende ins Gefängnis muss, ist offen. Bis Ende April 2025 sind mehr als 30 Verhandlungstage vor der Wirtschaftsstrafkammer des Stuttgarter Landgerichts angesetzt.

Die „Querdenker“-Bewegung hatte sich im Zuge der Corona-Pandemie von Stuttgart aus in vielen deutschen Städten formiert. Immer wieder kam es zu öffentlichen Protesten gegen die politischen Maßnahmen zur Eindämmung des Virus. Dabei kam es auch zu Angriffen auf Polizisten und Medienvertreter. Der Verfassungsschutz beobachtete die Szene wegen verfassungsfeindlicher Ansichten, Verschwörungsideologien und antisemitischer Tendenzen.