Die Berliner Landesregierung hat das 29-Euro-Ticket für Anfang Juli angekündigt. Daran gibt es Kritik über Parteigrenzen hinweg – und aus dem Bundesverkehrsministerium.
Die Einführung des 29-Euro-Tickets in Berlin Anfang Juli löst weiter Kritik aus. „In Bayern können wir das Angebot im ÖPNV nur mit einem tiefen Griff in die Staatskasse aufrechterhalten, während Berlin als Hauptempfänger des Länderfinanzausgleichs quasi mit bayerischem Geld einen Gesamtrabatt für alle Fahrgäste finanziert“, sagte der bayerische Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) dem „Tagesspiegel“ (Mittwoch). „Das ist nur schwer nachvollziehbar und alles andere als nachhaltig.“
Verkehrsministerium: „Regionale Konkurrenzprodukte“ nicht zielführend
So etwas gehe letztlich auch auf Kosten des Deutschlandtickets, sagte Bernreiter. „Da ist es kein Wunder, dass wir uns Gedanken über eine Neuordnung des Länderfinanzausgleichs machen.“
Das Deutschlandticket für 49 Euro im Monat kann seit dem 1. Mai 2023 bundesweit im Nah- und Regionalverkehr genutzt werden. In Berlin soll es parallel dazu das 29 Euro-Ticket geben, das im Stadtgebiet gilt.
Der Parlamentarische Staatssekretär im Verkehrsministerium und Bahnbeauftragte der Bundesregierung, Michael Theurer (FDP), äußerte sich ebenfalls kritisch: Das Deutschlandticket biete die Chance, komplexe Tarifsysteme radikal zu vereinfachen und Strukturen in den Verkehrsverbünden zu verschlanken, sagte er dem „Tagesspiegel„. „Regionale Konkurrenzprodukte wie das Berliner 29-Euro-Ticket konterkarieren diese Ziele.“
Grünen-Politiker kritisiert: Tarifgrenze zu Brandenburg wieder hochgezogen
Der verkehrspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Stefan Gelbhaar, sagte den Zeitungen der Mediengruppe Bayern: „Der Berliner Senat ignoriert völlig, dass gegenseitige Rücksichtnahme und Zusammenarbeit mit Bund und Ländern auf vielen Themenfeldern nötig und zwingend ist.“ Intelligent sei das Vorgehen des Berliner Senats jedenfalls nicht. Die Tarifgrenze zu Brandenburg werde wieder hochgezogen. „Mehr vermeidbarer Autoverkehr gerade an den Stadträndern wird die dort Wohnenden mehr belasten als heute“, kritisierte Gelbhaar.
Der verkehrspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Thomas Bareiß, sagte der Mediengruppe Bayern: „Der Traum eines bundeseinheitlichen ÖPNV-Tickets von Minister Wissing war schon nach wenigen Wochen ausgeträumt.“ Das 49-Euro-Ticket werde zum „Albtraum“ für den Steuerzahler, „denn kaum war das Ticket eingeführt, wollten die Mehrkosten von über drei Milliarden Euro weder Bund noch die Länder bezahlen“.
29-Euro-Ticket ab Anfang Juli
Die Berliner Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU) und Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) hatten am Dienstag bekannt gegeben, dass das Ticket ab dem 1. Juli gelten und der Vorverkauf am Dienstag kommender Woche starten soll. Es gilt auf dem Stadtgebiet (Tarifbereich AB) und ist nur im Rahmen eines Jahresabonnements erhältlich.
Über die Einführung des vergünstigten Tickets für den ÖPNV, das es in Berlin parallel zum 49-Euro-Ticket geben soll, war lange diskutiert worden. Die Berliner SPD hatte im Wahlkampf vor der Wiederholung der Abgeordnetenhauswahl 2023 dafür geworben.
Ab Mittwoch kamen die Verkehrsminister der Länder für zweitägige Beratungen in Münster zusammen. Dabei stehen unter anderem die Finanzierung des ÖPNV und die Zukunft des Deutschlandtickets auf dem Programm.