Nun geht auch die BSW-Chefin auf billigen Stimmenfang, indem sie gegen Elektromobilität kämpft. Die falschen Fakten, die sie verbreitet, wirken auf die deutsche Automobilindustrie zerstörerisch. 

„Seinen Unverstand zu bergen ist besser als ihn zur Schau zu stellen.“ Ein Satz, der klingt, als hätte Heraklit ihn für Sahra Wagenknecht geschrieben. Die Erkenntnis ist schon rund 2500 Jahre alt, hat aber an Gültigkeit nichts verloren.

Unverstand beweist die Chefin des sogenannten „Bündnis Sahra Wagenknecht“ (BSW) gerade, weil nun auch sie das Verbrenner-Aus, das ab 2035 in der Europäischen Union gelten soll, kippen will. Zugleich schwurbelt sie von einer apokalyptischen Zukunft der Autoindustrie, sollte ihrem Willen nicht entsprochen werden. Man werde „eine Schlüsselindustrie und viel Wohlstand in Deutschland vernichten“. Vielmehr brauche man „mehr Forschung in verbrauchsärmere Verbrenner“. 

Diese Schwarzmalerei kannte man bislang vor allem von der FDP um Verkehrsminister Volker Wissing und Parteichef Christian Lindner, die sich offenbar um das Seelenheil ihrer Sportwagen-Klientel mehr sorgen als ums Klima. Auch die CDU fiel damit auf – allerdings erst, seit sie in der Opposition sitzt. Kanzlerin Merkel hatte noch 2018 konstatiert, Deutschland werde der „Leitmarkt“ für E-Autos, und die deutsche Industrie der „Leitanbieter“. Dafür gab es viel Applaus in den Unions-Reihen. 

Nur durch einen Trick haben Verbrenner noch die Nase vorn

Auf Seiten der Wissenschaft ist die Gretchenfrage – Verbrenner oder Stromer – längst entschieden: Das E-Auto ist das Vehikel der Zukunft. Trotz energieaufwändiger Produktion hängt es selbst sparsamste Verbrenner bei der Ökobilanz schon nach wenigen tausend Kilometern ab; tendenziell wird diese Frist immer kürzer, weil sich die Batterietechnik und der Ressourcenverbrauch stark verbessern. Verbrenner haben heute auch deshalb noch die Nase auf dem Papier vorn, weil man ihnen nicht die dramatischen Umweltfolgen bei der Gewinnung von Rohöl und den gigantischen Energieeinsatz bei der Produktion von Benzin und Diesel in Rechnung stellt. Man tut, als käme der Sprit umweglos aus der Zapfsäule, und redet sich so die fast 140 Jahre alte Technik schön. 

E Auto Gebraucht 13:22

Und wenn Wagenknecht in den 1980ern auf der Erweiterten Oberschule „Albert Einstein“ in Berlin-Marzahn im Physikunterricht besser aufgepasst hätte, dann würde sie schnell verstehen, dass ein E-Auto per se Ressourcen schont: Es fährt mit der gleichen Energiemenge drei bis viermal weiter als jeder Verbrenner. Diese Effizienz resultiert aus der Tatsache, dass beim Verbrenner die allermeiste Energie als Wärme verpufft. Das ist ähnlich wie bei der alten Glühbirne: Moderne LED-Birnen haben einen rund achtmal höheren Wirkungsgrad. Jeder kann das bei der Stromrechnung spüren.

Die Autoindustrie hat sich längst entschieden

Am Verstand kann es also nicht liegen, wenn Wagenknecht und Co. gegen E-Autos agitieren. Dahinter steckt vielmehr der Impuls, dem Volk nach dem Maul zu reden, um Wählerstimmen abzugreifen. Das dürfte nur in Grenzen gelingen, denn das Image von Elektroautos steigt gerade in der Bevölkerung, wie eine Forsa-Umfrage zeigt. Allerdings sind die Deutschen zugegebenermaßen momentan noch nicht in Massen bereit, in Stromer zu investieren. Sie empfinden sie als zu teuer (was, über die Lebenszeit gerechnet, nicht so zutrifft, wie viele Studien belegen). Und sie haben Angst davor, keine freie Ladesäule zu finden, was leider oft noch stimmt. Jedenfalls für Verbraucher ohne Eigenheim, die keine eigene Wallbox nutzen können. Allerdings holt Deutschland bei der Ladeinfrastruktur gerade schnell auf.

Die deutsche Automobilindustrie lässt keinen Zweifel daran, dass die Zukunft dem Elektroauto gehört. Sie verfügt über hervorragende Manager und Ingenieure (und exzellente, sparsamste Verbrenner in allen Fahrzeugklassen, um die uns die Welt beneidet), die in diesen Tagen eines nicht brauchen: eine Verunsicherung der lernenden Kundschaft durch unqualifiziertes Polit-Gequatsche. 

Für jeden Autohersteller ist ein stabiler Heimatmarkt eine wichtige Voraussetzung, um auf den Weltmärkten angreifen zu können. Ein Verlust von Forschung, Entwicklung und Produktion von E-Autos im eigenen Land wäre ein drastischer Rückschritt gegenüber den E-Mächten China und USA. Insofern leisten Wagenknecht und Co. der ganzen Branche gerade einen Bärendienst. Wenn überhaupt irgendwer der Autoindustrie das Leben schwer macht, dann Verbrenner-Spezis wie sie, denen es zuerst um sich selbst und nur nebenbei um das Land geht. Eine heilige Einfalt, die niemanden weiterbringt.

Im Gegenteil, das Zerreden der heimischen Qualitäten schlägt sogar durch. Soeben hat Autovermittler Carwow seine jährliche Kundenumfrage veröffentlicht, derzufolge sich bereits die Hälfte der Befragten für eine chinesische Marke als nächstes Auto entscheiden würde. Die hätten bessere Angebote, eine überlegene Technologie, mehr Modelle und eine höhere Reichweite.