Die Bundeswehr schlägt an der Ostflanke der Nato ein neues Kapitel auf. Ein Vorkommando soll die Stationierung einer gefechtsbereiten Brigade in dem östlichen Nato-Land vorbereiten.

Mit der Verlegung eines Vorkommandos nach Litauen unternimmt die Bundeswehr einen weiteren wesentlichen Schritt zur dauerhaften Stationierung einer Kampfbrigade an der östlichen Außengrenze der Nato.

Verteidigungsminister Boris Pistorius Pistorius hat den Beginn der Stationierung als wichtigen Schritt für die Verteilungsfähigkeit des Bündnisses bezeichnet. „Das ist ein wichtiger Tag für die Bundeswehr. Das erste Mal, dass wir dauerhaft eine solche Einheit außerhalb Deutschlands stationieren, beginnen zu stationieren“, sagte der SPD-Politiker bei der Verabschiedung des Vorkommandos der Brigade Litauen. Die etwa 20 Soldaten sollen Voraussetzungen für die Verlegung weiterer Soldaten schaffen.

„Ich weiß, es ist noch einiges zu tun, auch vor Ort. Die Infrastruktur muss passen, die Kasernen müssen da sein, die Unterkünfte, die Wohnungen“, sagte Pistorius. Und: „Vieles ist noch zu tun auf litauischer Seite und wir – das kann ich Ihnen versichern – werden alles tun, die Brigade von Anfang an so auszustatten, wie sie ausgestattet sein muss.“

Heeresinspekteur: Litauen-Brigade hat „sehr hohe Priorität“

Der Inspekteur des Heeres, Alfons Mais, hat mit der Verlegung von einer „Anstrengung“ gesprochen. „Es wird Geld kosten, es wird Zeit brauchen, bis wir dieses Material beschafft haben“, erklärte Mais am Montag vor Abflug nach Litauen im ARD-„Morgenmagazin“.

Das notwendige Material und Personal müsse man aus den Strukturen der Bundeswehr „ausschwitzen“, um es nach Litauen zu schicken, sagte Mais. „Das heißt also, die Delle, durch die wir gehen, ist etwas tiefer geworden, zieht sich etwas länger“, erklärte Mais weiter. Er gehe von drei bis fünf Jahren aus, die es dauern würde, bis der Prozess geschafft sei. 

„Die Brigade wird eine sehr hohe Priorität haben. Sie wird zu 100 Prozent ausgestattet sein müssen. Sie wird mit dem Besten ausgestattet werden, was wir haben. Und die Aufstellung dieser Brigade erhöht das materielle und personelle Soll des Heeres“, betonte Mais. 

Die Wehrbeauftragte des Bundestages, Eva Högl (SPD), forderte mit Blick auf die Stationierung einer Kampfbrigade in Litauen, die Ausstattung der Bundeswehr in Deutschland nicht zu vernachlässigen. „Natürlich reißt das erst mal ganz gewaltige Löcher, denn die Ausrüstung unserer Soldatinnen und Soldaten, aber auch das große Gerät ist noch nicht vorhanden“, sagte Högl im ARD-„Morgenmagazin“.

Die Brigade soll laut Fahrplan bis 2027 einsatzfähig sein 

Als Reaktion auf die veränderte Sicherheitslage in Europa hat die Bundesregierung zugesagt, einen gefechtsbereiten und eigenständig handlungsfähigen Kampfverband nach Litauen zu verlegen. Die Brigade soll laut Fahrplan bis 2027 einsatzfähig sein. Vorgesehen ist eine dauerhafte Präsenz von etwa 4800 Soldaten sowie rund 200 zivilen Bundeswehrangehörigen, die ihre Familien mitbringen können.

Das Vorkommando reise zusammen mit dem Inspekteur des Heeres, Generalleutnant Alfons Mais, nach Litauen, teilte das Verteidigungsministerium in Berlin mit. In Vilnius würden die ersten Kräfte der Brigade Litauen vom kürzlich neu ernannten litauischen Verteidigungsminister Laurynas Kasciunas begrüßt. 

Das Vorkommando solle zum vierten Quartal 2024 auf einen Aufstellungsstab von rund 150 Männern und Frauen anwachsen. Die Brigade des Heeres werde in Litauen mit dem Namen Panzerbrigade 45 neu aufgestellt. Nach offizieller Indienststellung der Brigade 2025 sollen die weiteren Kräfte in dem Jahr mit der Verlegung beginnen, sofern die benötigte Infrastruktur in Litauen vorhanden ist.

Rückversicherung der Nato-Beistandsverpflichtung

Mit Interesse wird verfolgt, ob und wie die Litauer mit der Schaffung der zugesagten Infrastruktur vorankommen. Dabei geht es um Militärgelände und Kasernen wie auch Wohnungen und Häuser. Leben sollen die Soldaten und ihre Familien in Vilnius und Kaunas, wo jeweils eine Schule und ein Kindergarten aufgebaut werden soll.Die litauische Regierung hatte auf die Stationierung gedrängt. Zu deren Vorbereitung war bereits eine spezielle Kommission eingesetzt worden, seit Ende März ist zudem ein Vizeminister im Verteidigungsministerium für die Aufnahme der Brigade zuständig.

Litauen grenzt an das mit Russland verbündete Belarus sowie an Russlands Ostsee-Enklave Kaliningrad. Zwischen beiden Ländern verläuft von Litauen ein schmaler Landkorridor westlich nach Polen – die sogenannte Suwalki-Lücke der Nato, um die es im Falle eines Angriffs zu Kämpfen kommen könnte. Deutschlands Truppenstationierung ist für die Litauer eine gewünschte Rückversicherung der Nato-Beistandsverpflichtung. In Umfragen unterstützt die große Mehrheit der Bevölkerung die dauerhafte Präsenz deutscher Soldaten.