Die Internate in Thüringen verzeichnen eine weitgehend stabile Nachfrage. Plätze an privaten Internaten sind kostspielig, allerdings gibt es auch für Kinder aus weniger betuchtem Haus Möglichkeiten.
Gemeinsamen lernen und leben – das ist auch in Thüringen an Internaten möglich. Allein die zehn hiesigen staatlichen Internate besuchen im aktuellen Schuljahr 936 Schülerinnen und Schüler. Das sind laut Bildungsministerium etwa 0,4 Prozent der gesamten Schülerschaft. Vor zehn Jahren seien es noch 1.132 Schüler gewesen, doch gewisse Schwankungen bei den Anmeldezahlen pro Jahr seien normal.
„An staatlichen Schulen können alle Schülerinnen und Schüler einen Internatsplatz bei angemeldetem Bedarf erhalten“, sagte Lisa Bönsel, stellvertretende Pressesprecherin des Ministeriums.
Kinder kommen später ins Internat
Stabil, aber etwas differenzierter ist die Lage bei privaten Internaten. Seit einigen Jahren gebe es etwas mehr Zurückhaltung bei den Anmeldungen, berichtet etwa Monique Ghandour von der Klosterschule Roßleben (Kyffhäuserkreis). Sie vermutet, dass die allgemeine wirtschaftliche Lage dabei eine Rolle spielen könnte, weil private Internatsplätze in der Regel vollständig von den Eltern finanziert werden müssen.
Andererseits könnten Ghandour zufolge der Lehrermangel und Unterrichtsausfälle an staatlichen Schulen das Interesse an privaten Internaten erhöhen. Derzeit leben den Angaben zufolge 60 Schüler im Internat in Roßleben, rund 300 Schüler aus dem Kyffhäuserkreis und angrenzenden Landkreisen besuchen dort außerdem den Unterricht.
Im Lietz Internatsdorf Haubinda (Landkreis Hildburghausen) mit aktuell 102 Schülern sei die Nachfrage stabil, berichtet Internatsleiter Burkhard Werner. Allerdings verschiebe sich das Einschulungsalter ins Internat leicht nach hinten. Das habe mit dem Wunsch von Eltern zu tun, die Kinder länger zu Hause aufwachsen zu sehen.
Das kosten die Internate
Laut Schulleiter Werner spielen die Kosten eine zentrale Rolle bei der Entscheidung für oder gegen ein Internat. Ein Platz im Internatsdorf Lietz in Haubinda kostet für Schüler und Schülerinnen der 1. bis 10. Klasse 3.115 Euro monatlich, im Fröbel-Internat in Rudolstadt 2.150 Euro. Im Internat der Klosterschule Roßleben beträgt der Eigenanteil für Eltern von Kindern im 5. bis 10. Schuljahr 2.475 Euro pro Monat.
In einigen Einrichtungen gibt es jedoch Stipendien oder andere Instrumente zur finanziellen Unterstützung eines Internatsbesuchs. Im Internatsdorf Lietz werde etwa ein Viertel der Plätze über die Jugendhilfe finanziert, so Werner.
Deutlich geringere Kosten fallen an den Internatsschulen in Trägerschaft des Landes an, die etwa an der Salzmannschule in Schnepfenthal bei 364 Euro im Monat liegen. Kostendeckend seien die niedrigen Beiträge natürlich nicht, so Bönsel. Staatliche Internate bieten etwa die Sportschulen in Jena, Oberhof und Erfurt, das Musikgymnasium Schloss Belvedere in Weimar oder die auf Sprachen spezialisierte Salzmannschule Schnepfenthal.
Internate mit langer Historie
Die Klosterschule Roßleben wurde 1554 gegründet, zu den prominentesten Absolventen gehören unter anderem die Olympiamedaillengewinnerin Annekatrin Thiele sowie die sechs Schüler, die 1944 wegen der Beteiligung am Attentat auf Adolf Hitler hingerichtet wurden.
Das Lietz Internatsdorf Haubinda wurde 1901 vom Reformpädagogen Hermann Lietz gegründet und ist dem Internatsleiter zufolge das älteste existierende Landeserziehungsheim. Aus dem Vorbild der Lietz-Internate seien viele andere namhafte Einrichtungen wie die Schule Schloss Salem hervorgegangen. Einer der bekanntesten Absolventen ist der Philosoph Walter Benjamin.