Cannabis ist nun in Deutschland legal. Wer mag, kann seinen Joint in der Öffentlichkeit rauchen. Die Reform wirft jedoch Fragen auf: Welche Regeln gelten am Arbeitsplatz? Ein Anwalt für Arbeitsrecht klärt auf.

Was früher in Deutschland als unmöglich galt, ist seit dem 1. April Realität: Der Konsum und Anbau von Cannabis sind nun legal – allerdings nur unter bestimmten Bedingungen. Erwachsene dürfen bis zu 25 Gramm bei sich führen, zu Hause sind bis zu 50 Gramm pro Person erlaubt – sowie der Anbau von bis zu drei Pflanzen.

Das neue Cannabisgesetz (CanG) ermöglicht den Bezug von Cannabis über nicht-kommerzielle Anbauvereinigungen. Der Konsum ist grundsätzlich im öffentlichen Raum, Bars und sogar im Biergarten erlaubt. Doch wie sieht es im Mikrokosmos Arbeitsplatz aus, wo andere Regeln gelten als im privaten Bereich?

Cannabis am Arbeitsplatz: Was ein Arbeitsrechtler sagt

„Der Konsum von Cannabis ist jetzt legal, unabhängig von der Meinung des Arbeitgebers. Der Gesetzgeber hat entschieden“, erklärt Pascal Croset, Fachanwalt für Arbeitsrecht. Doch am Arbeitsplatz gelten spezielle Regeln, ähnlich wie bei dem schon lange legalen Alkohol. „Um es klar zu sagen: Menschen dürfen kiffen. Sie sollten während der Arbeit aber besser darauf verzichten. Sonst könnte eine Kündigung drohen.“

„Grundsätzlich gilt: Arbeitnehmer schulden eine ‚ungetrübte Arbeitsleistung'“, so Croset. Sie darf also durch den Konsum von Alkohol oder Cannabis nicht beeinträchtigt werden. „Das bedeutet im Umkehrschluss: Arbeitnehmer dürfen kleinere Mengen konsumieren, solange diese ihre Arbeitsleistung nicht beeinträchtigen oder ihre Aufmerksamkeit verringern.“ Dies gilt zumindest für Alkohol. „Inwieweit das auf Cannabis anwendbar ist, bleibt abzuwarten.“Ausgelassen an der Riesen-Bong: So feierte man in Freiburg die Cannabis-Legalisierung21.00

Aber ist die Frage überhaupt relevant? „Natürlich kann man jetzt fragen: Wer wird denn im Betrieb kiffen? Meine Erfahrung zeigt: Alles, was am Arbeitsplatz verboten ist, findet manchmal trotzdem statt“, so Croset. Mit der Legalisierung von Cannabis werde in naher Zukunft ein Konsum zu beobachten sein, der Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis hat.

Croset nennt Beispiele aus dem neuen gesetzlichen Graubereich: „Stellen Sie sich vor, ein Mitarbeiter rollt in der Kantine einen Joint, um ihn auf dem Nachhauseweg zu rauchen. Ist das dann Privatsache? Oder denken Sie an einen Busfahrer, der sich aufgrund von ‚Restmüdigkeit‘ verfährt. Ist dann ein Drogentest angemessen? Oder an eine Bankerin, die auf ihrem Schreibtisch eine Schachtel Marlboro und langes OCB-Drehpapier liegen hat. Ein schockierter Kunde kündigt sein Konto. Darf der Arbeitnehmer daraufhin abgemahnt werden? Man sieht: Kiffen bringt Konflikte ins Arbeitsverhältnis.“

Cannabis am Arbeitsplatz: Was der Chef darf

Ein Drogentest ist auch bei auffälligem Verhalten nicht erlaubt, so der Experte. Auch keine sofortige Vorsprache beim Betriebsarzt. „Aber: Der Arbeitgeber könnte auffälliges Verhalten dokumentieren: Orientierungslosigkeit, lallende Aussprache … und Beweise sammeln.“ Grundsätzlich gelte: Arbeitsschutz first. Wenn ein Arbeitnehmer also einen „bekifften“ Eindruck macht, muss beziehungsweise darf ihn der Arbeitgeber nach Hause schicken.

Darf ein Unternehmen die Regel „Keine Kiffer bei uns“ aufstellen? Croset verneint das: „Natürlich gibt es Chefs, die den Konsum von Cannabis strikt ablehnen und am liebsten auch die Freizeit-Konsumenten von Cannabis aus ihrem Betrieb fernhalten würden.“ Aber solch ein Verbot sei nicht zulässig. In der Freizeit können Arbeitnehmer tun, was ihnen gefällt. „Gesetz ist Gesetz“, argumentiert Croset, „und gilt für jeden“.