Wer erkältet ist, greift gern zu Ingwertee. Doch ist die Wirkung der Knolle bei Husten, Fieber und Schnupfen auch belegt?

Auch wenn er nicht aus unseren Breitengraden, sondern aus Asien stammt – Ingwer ist hierzulande populär, als Zutat für die Küche und als Hausmittel. Ingwertee gibt es nicht nur in asiatischen Restaurants, sondern auch als Alternative zu Pfefferminz & Co. in vielen Cafés. Vielleicht ist Ingwer uns so vertraut, weil er schon zu Zeiten der Römer seinen Weg nach Europa fand. Und sich dort schon früh in der kulinarischen Welt etablierte, zum Beispiel als Ginger Ale oder Gingerbread. 

Ingwer: Eigenschaften, Wirkung & Anwendung

In der Volksheilkunde wird Ingwer eingesetzt bei Erkältung, Husten, Schnupfen, Heiserkeit. Aber ist das wissenschaftlich belegt? Oder zumindest plausibel?

Zunächst: In der „offiziellen“ Pflanzenheilkunde, sprich: den Pflanzenporträts der zuständigen Kommissionen und Fachgesellschaften, welche Heilpflanzen überprüfen und in ihrer Wirksamkeit und Anwendung definieren, wird der Ingwer vorrangig als eine Pflanze beschrieben, die auf den Verdauungstrakt wirkt. Ingwer regt die Produktion von Speichel und Magensaft an, steigert den Tonus im Verdauungstrakt und fördert die Peristaltik, also die Muskelkontraktion des Darms, sodass der Speisebrei vorwärtsbewegt wird.  

Gesundheitliche Wirkung von Ingwer

Eine Verdauungspflanze ist der Ingwer also, für die in den derzeit gültigen Beschreibungen bei den Anwendungsgebieten entsprechend Magen-Darm-Beschwerden gelistet werden. Vor allem ist Ingwer die Pflanze gegen Übelkeit, etwa bei Reiseübelkeit oder Seekrankheit. Mittlerweile etabliert sich Ingwer auch bei Übelkeit nach kleineren Operationen mit Narkose, Übelkeit bei manchen Chemotherapien bei Krebs oder Schwangerschaftsübelkeit im ersten Schwangerschaftsdrittel, hier allerdings eher in Form einer Teemischung (also niedrig dosiert) und bitte nach Absprache mit dem behandelnden Arzt.  

Hilft Ingwertee bei Erkältung?

Und der Ingwertee, den wir so gerne bei Erkältung, Husten, Heiserkeit und Schnupfen aufbrühen? Wie passt er in das Bild?  

Um zu verstehen, warum Ingwer bei Erkältungen eingesetzt wird, lohnt es sich, einen kleinen Blick in die Medizingeschichte zu werfen, auf das vorwissenschaftliche Bild des kranken Menschen und der Arzneipflanze. Hier wurde – und zwar interessanterweise nicht nur in Europa, sondern auch in China und in der indischen Heilkunst Ayurveda – ein Übermaß an Kälte oder Wärme, Feuchtigkeit oder Trockenheit als Ursache einer Erkrankung angesehen. Ebenso wurden Heilpflanzen kategorisiert, ob sie wärmen oder kühlen, befeuchten oder trocknen. Der Rest ist eine einfache Rechnung: Bei einer durch Trockenheit verursachten Erkrankung wurde befeuchtet, bei einer Krankheit durch zu viel Hitze wurde gekühlt.

Medizingeschichtlich gilt Ingwer als erwärmend – vor diesem Hintergrund passt der Ingwer bei einer Erkältung vor allem dann, wenn einem die Kälte durch die Glieder zieht
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Der Ingwer gilt in all diesen alten Modellen als erwärmend. Und wird entsprechend bei „Kältekrankheiten“ eingesetzt. Im Fall der Erkältung scheint dies eindeutig zu sein, steckt die Kälte doch schon in der Krankheitsbezeichnung. Das aber ist, nach den historischen Modellen, nicht zwangsläufig richtig. Denn ob nun eine Erkältung oder ein grippaler Infekt mit zu viel Kälte in Verbindung gebracht wird oder nicht, hängt in diesen historischen Konzepten, die bis heute in der Komplementärmedizin verwendet werden, auch von der Symptomatik ab: Der Schnupfen mit zu viel Kälte und Feuchtigkeit ist eher durch ein Kältegefühl, geschwollene, blasse Schleimhäute und laufende Nase gekennzeichnet. Der Schnupfen mit Wundheitsgefühl, trockenen, roten Schleimhäuten, Hitzegefühl und Fieber ist eher mit Hitze und Trockenheit assoziiert.

Vor diesem Hintergrund passt der Ingwer bei einer Erkältung vor allem dann, wenn einem die Kälte durch die Glieder zieht und das Bedürfnis da ist, dass der Stoffwechsel und auch die Durchblutung auf Trab kommen. Ist aber ohnehin schon viel Hitze im Organismus, der Hals rot und wund, brennt der Ingwer im Hals, dann würde man bei Erkältung und grippalem Infekt eher davon absehen und eine mildere Pflanze wählen. 

Wohltuend und wärmend bei einer Erkältung: Ingwertee. Wer eher eine scharfe Variante möchte, zerquetscht die Ingwerstückchen noch einmal mit dem Messer oder der Gabel
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Soweit der „alte Blick“. Und was sagt die moderne Phytopharmakologie zu Ingwer bei Erkältung? Dieser moderne, wissenschaftliche Blick führt immer über die Wirkstoffgruppen: Ingwer gehört zu den Scharfstoffdrogen, so wie auch Chili oder Pfeffer. Scharfstoffe können tatsächlich an Thermorezeptoren auf Haut und Schleimhaut binden und dadurch ein erwärmendes Gefühl vermitteln oder auch die Durchblutung steigern. Nicht uninteressant im Hinblick auf die Erkältung ist jedoch auch, dass Ingwer im Laborversuch eine antivirale Wirkung hatte.   

Rezept Ingwertee: Zubereitung

Ingwer ist eine hervorragende Pflanze, um allgemeinem Kältegefühl oder einer beginnenden Erkältung entgegenzuwirken und von innen für mehr Wärme zu sorgen und den Stoffwechsel anzukurbeln, was auch dem Immunsystem zugutekommt. Wie sehr der Ingwer wärmt, lässt sich auch beim „Ingwertee“ dosieren: Ein Scheibchen Ingwer in einem Glas Wasser ist ein milder Reiz, eher ein Ingwerwasser. Je kleiner der Ingwer geschnitten oder sogar zerdrückt wird, je heißer er zubereitet wird, je länger er zieht, desto schärfer ist er. Und auch, ob er getrocknet oder frisch verwendet wird, ist von Bedeutung. Ein Ingwertrank, bei dem frische Ingwerwurzel kleingeschnitten und zerdrückt wird und der dann auf dem Herd köchelt, ist also deutlich stärker in der Wirkung.

Manchmal muss es aber gar nicht so ein starker Reiz sein: Ein milder Ingwertee kann vorbeugend durchwärmen. Ein Stückchen Ingwer in der Hühnersuppe verstärkt deren Wirkung. Ingwerkonfekt mit Bitterschokoladenüberzug ist ein wunderbares Geschenk für Senioren und Hochbetagte, denen bekanntlich etwas schneller kalt wird. Oder für Freundinnen, deren Menstruationsbeschwerden mit einem Kältegefühl einhergehen. Und nicht zuletzt hilft Ingwer durch Belastungsphasen, wenn sich seelische Kälte auch einmal von innen breit machen möchte.