Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat Kritik von Politikern aus CDU und FDP wegen der geplanten Nennung des Ziels der Treibhausgasneutralität bis 2045 im Grundgesetz zurückgewiesen. „Dieses Ziel hat ohnehin Verfassungsrang“, sagte der DUH-Rechtsexperte Remo Klinger dem Berliner „Tagesspiegel“ vom Sonntag. Er verwies dabei auf die bisherige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den von Deutschland im Pariser Klimaschutzabkommen eingegangenen völkerrechtlichen Verpflichtungen.
Hintergrund der Debatte ist eine Formulierung in dem Gesetzentwurf zur Änderung des Grundgesetzes wegen der von Union und SPD geplanten Ausnahmen von der Schuldenbremse für Verteidigung und für Investitionen. „Der Bund kann ein Sondervermögen mit eigener Kreditermächtigung für zusätzliche Investitionen in die Infrastruktur und für zusätzliche Investitionen zur Erreichung der Klimaneutralität bis 2045 mit einem Volumen von bis zu 500 Milliarden Euro errichten“, heißt es in der Beschlussvorlage für einen neuen Artikel 143h des Grundgesetzes, über die an diesem Sonntagnachmittag der Bundestags-Haushaltsausschuss berät.
Diese Formulierung geht auf eine Verständigung von Union und SPD mit den Grünen zurück, deren Stimmen für die notwendige Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat gebraucht werden. „Die vage und politisch geprägte Zielgröße eröffnet ein Einfallstor für klagefreudige Lobbygruppen, die durch strategische Klagen Einfluss auf politische Entscheidungsprozesse nehmen könnten“, hatte dagegen Mecklenburg-Vorpommerns CDU-Landeschef Daniel Peters eingewandt.
„Das ist eine Katastrophe für unser Land. Die Klimaneutralität 2045 ins Grundgesetz zu schreiben, führt zur Deindustrialisierung unseres Landes“, sagte dazu auch der FDP-Haushaltspolitiker Frank Schäffler dem „Tagesspiegel“. Er warnte für die Zukunft vor Klagen vor allem der Deutschen Umwelthilfe „bei jeglichen Infrastrukturmaßnahmen“.
„Ein Klagerecht gegen Einzelmaßnahmen lässt sich aus dieser Formulierung im Grundgesetz nicht ableiten“, sagte hingegen Klinger. Mehrere oberste Gerichte hätten in der Vergangenheit ausgeschlossen, dass Grundrechte etwa Einwände gegen einzelne Autobahnprojekte begründen könnten.
Richtig sei allerdings, dass Deutschland bereits jetzt an das Ziel der Treibhausgasneutralität und ein aus dem Pariser Abkommen abgeleitetes CO2-Restbudget rechtlich gebunden sei. Daraus ergebe sich auch das Enddatum 2045. Die bisherige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts stützt sich auf das Staatsziel des Schutzes der natürlichen Lebensgrundlagen „in Verantwortung für die künftigen Generationen“ im bereits vorhandenen Artikel 20a des Grundgesetzes.