Der alte Bundestag darf noch zu einer Sondersitzung zusammenkommen. Der Versuch von AfD und Linkspartei, die Einberufung des Parlaments vom Bundesverfassungsgericht stoppen zu lassen, scheiterte am Freitag. Karlsruhe verwarf die entsprechenden Anträge der Fraktionen sowie einzelner Abgeordneter. Union und SPD wollen am Dienstag über die geplanten Grundgesetzänderungen für ihr Finanzpaket abstimmen lassen. (Az. 2 BvE 2/25 u.a.)
Sie einigten sich am Freitag mit den Grünen auf einen Kompromiss zu einem hunderte Milliarden Euro schweren Finanzpaket für Verteidigung und Infrastruktur. Die AfD-Fraktion und die sogenannte Vor-Fraktion der Linken hatten sich Anfang der Woche an das Gericht gewandt. Sie argumentierten damit, dass stattdessen der neu gewählte Bundestag so schnell wie möglich einberufen werden müsse.
Das Verfassungsgericht erklärte nun aber, dass die Wahlperiode des alten Bundestags erst dann beendet sei, wenn der neue Bundestag zusammentritt. Bis dahin sei der alte Bundestag in seinen Handlungsmöglichkeiten nicht beschränkt. Wann er zusammentritt, entscheidet demnach allein das neugewählte Parlament. Eine Einberufung des alten Bundestags hindere ihn nicht daran, befanden die Karlsruher Richter.
Wenn – wie hier geschehen – ein Drittel der Mitglieder des alten Bundestags die Einberufung beantrage, müsse Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) sich daran halten. Das Verfassungsgericht ließ offen, ob es eine Pflicht gibt, der Konstituierung des neuen Bundestags den Vorzug zu geben. Eine solche Pflicht könne allenfalls dann bestehen, wenn der neue Bundestag sich schon auf einen Termin verständigt hätte, erklärte es.
Die Anträge gegen die Sondersitzungen des alten Bundestags wurden als unbegründet verworfen, entsprechende Eilanträge hatten damit auch keinen Erfolg. Ebenso blieben Eilanträge der fraktionslosen Abgeordneten Joana Cotar erfolglos.
Es sind aber zu dem Thema noch drei weitere Organstreitverfahren anhängig. Sie kommen aus der AfD-Fraktion sowie von einzelnen Abgeordneten der Gruppen Die Linke und BSW und beziehen sich auf die aus ihrer Sicht zu kurzen Beratungsfristen. Das Gericht will noch vor Dienstag darüber entscheiden.
Der Einigung von Union und SPD mit den Grünen zufolge sind höhere Investitionen in Verteidigung und Infrastruktur geplant. Dazu sollen die im Grundgesetz geregelte Schuldenbremse für höhere Verteidigungsausgaben und für die Länder gelockert und ein 500 Milliarden Euro schweres Sondervermögen für Investitionen in Infrastruktur eingerichtet werden.
Mit den Grünen wurde vereinbart, dass die Investitionen aus dem Sondervermögen für Infrastruktur ausdrücklich zusätzlich erfolgen müssten – also nicht für laufende Projekte oder Konsumausgaben verwendet werden können. Zudem sollen aus dem Sondervermögen 100 Milliarden Euro in den Klima- und Transformationsfonds (KTF) fließen. Aus dem KTF wird insbesondere der klimafreundliche Umbau der deutschen Wirtschaft gefördert.
Für die Verfassungsänderungen wird im Parlament eine Zweidrittelmehrheit benötigt. Im neuen Bundestag käme diese nur mit Stimmen der Linken oder der AfD zustande. Union, SPD und Grüne wollen das Paket darum noch im alten Bundestag zusammen mit den Grünen beschließen.
Der Geschäftsführer der Gruppe Die Linke, Christian Görke, erklärte: „Es ist gut, dass das Bundesverfassungsgericht nun Klarheit zu unserer ersten Klage geschaffen hat.“ Die Linke würde es aber „noch immer richtig finden, wenn man solch schwerwiegende Entscheidungen“ mit dem neuen Parlament treffen würde.
AfD-Parlamentsgeschäftsführer Stephan Brandner zeigte sich „zuversichtlich, dass unsere zweite Organklage, die sich gegen die viel zu knapp bemessene Zeit für die Beratung der geplanten Grundgesetzänderungen richtet, gute Aussichten auf einen Erfolg hat.“
Für die SPD teilte ihre Parlamentsgeschäftsführerin Katja Mast mit: „Die Wahlperiode des alten Bundestages wird erst durch den Zusammentritt des neuen Bundestages beendet.“ Das sei nun auch höchstrichterlich entschieden. Die SPD-Fraktion sehe sich in ihrer Auffassung bestätigt.