Bei seiner Haushaltsführung hält sich der Hamburger Senat nicht immer an die Vorschriften. Der neue Jahresbericht des Rechnungshofs enthält eine lange Liste von fragwürdigen Ausgaben.

Der Hamburger Rechnungshof hat zahlreiche Mängel in der Haushalts- und Wirtschaftsführung des Senats festgestellt. Für den Jahres- und Konzernabschluss 2023 habe der Bestätigungsvermerk nur eingeschränkt erteilt werden können, sagte der Rechnungshofpräsident Manfred Jäger bei der Vorstellung des neuen Jahresberichts. Deutlich kritisieren die Prüfer darin Ausgaben der Innenbehörde ohne Billigung durch die Bürgerschaft. Die von Senator Andy Grote (SPD) geleitete Behörde gab demnach 21 Millionen Euro aus, ohne eine Ermächtigung dafür zu haben. „Der Rechnungshof hat dieses Vorgehen missbilligt“, sagte Jäger. Er betonte, dass das Parlament das Haushaltsrecht habe und sich die Exekutive an die Spielregeln halten müsse.

Sozialleistungen ohne Vermögensprüfung gezahlt

Die Sozialbehörde war im Jahr 2023 für rund 1,5 Milliarden Euro an Geldleistungen verantwortlich, was 7 Prozent des gesamten Hamburger Haushalts entspricht. Bei der Bewilligung der Anträge hätten die Bezirksämter seit fünf Jahren keinen Datenabgleich mehr gemacht, etwa durch Grundbuch- oder Kontenabrufe. So sei die Wahrscheinlichkeit gering, verschwiegene Einkünfte oder Vermögen von Leistungsbeziehern aufzudecken. Bei den Unterkunftskosten förderten die bestehenden Regelungen die Möglichkeit von Mietwucher. Vermieter könnten die Obergrenzen für Mieten ausschöpfen, obwohl sie eine nur geringe Mietfläche zur Verfügung stellten. 

Sanierungskosten von einer Million Euro übersehen

Bei der Unterbringung von Flüchtlingen deckte der Rechnungshof Berechnungsfehler auf. Der städtische Betrieb Fördern & Wohnen und die Sozialbehörde hätten Immobilien angekauft. In einigen Fällen sei dabei die Zahl der prognostizierten Unterbringungsplätze um bis zu 35 Prozent zu hoch angegeben worden. Beim Kauf eines Objektes seien die Instandsetzungskosten von einer Million Euro in der Wirtschaftlichkeitsberechnung nicht berücksichtigt worden. 

Teure Betreiber von Flüchtlingsunterkünften

Bei Verträgen mit Catering-Unternehmen seien an zwei Standorten Stundensätze vereinbart worden, die dreimal so hoch waren wie an anderen Standorten. So habe die Standortleitung 133,28 Euro brutto je Stunde berechnet, an anderen Standorten habe die Vergütung nur 49,90 Euro pro Stunde betragen. Allein für die Leitung der beiden Standorte seien innerhalb eines halben Jahres Mehrkosten von 400.000 Euro entstanden.

U5-Projekt ohne Wirtschaftlichkeitsprüfung

Der Bau der U-Bahnline U5 sei 2019 von der Bürgerschaft beschlossen worden, ohne dass die Verkehrsbehörde eine Untersuchung zur Wirtschaftlichkeit vorgelegt habe. Die veranschlagten Kosten für den ersten Bauabschnitt von Bramfeld zur City Nord stiegen von 1,8 Milliarden Euro im Jahr 2019 auf 2,9 Milliarden im Jahr 2023. Die Kostenermittlung und -darstellung seien von den Vorgaben zum kostenstabilen Bauen abgewichen, erklärte der Rechnungshof. 

Klimazertifikate für eine Million Euro in Nigeria und Indien gekauft

Die von Senator Jens Kerstan (Grüne) geführte Umweltbehörde kaufte für eine Million Euro Klimazertifikate in Nigeria und Indien. Die Zertifikate sollten belegen, dass 75.000 Tonnen CO2 durch effiziente Öfen und die Herstellung von Holzkohle eingespart worden seien. Ob die Reduktionsziele tatsächlich erreicht wurden, sei nur oberflächlich geprüft worden, sagte Jäger. Eine leichte Recherche im Internet habe gezeigt, dass sich die Projekte verzögerten. 

Baumpflanzung wie in Schilda

Kritik äußerte der Rechnungshof auch an der Sanierung des Ehestorfer Heuwegs, der für Pendler aus dem südlichen Umland von Bedeutung ist. Die Straße sei nach elfjähriger Planung und Bauphase im Juli 2023 wieder für den Verkehr freigegeben worden. Anfangs sollte die Sanierung 6,1 Millionen Euro kosten, schließlich waren es 17,7 Millionen. Auf einem nur einen Meter breiten Grünstreifen neben der Straße seien 33 Stieleichen gepflanzt worden, obwohl der Stamm dieser Baumart einen Durchmesser von drei Metern erreichen könne. Für rund 100.000 Euro seien belüftete Baumpflanzgruben gebaut worden. „Mir kam da ein bisschen Schilda ins Gedächtnis“, sagte Rechnungshofpräsident Jäger. 

CDU: Rot-grüner Senat missachtet wichtige Grundsätze

„Es zeigt sich deutlich, dass die wichtigen Grundsätze für Wirtschaftlichkeit und Transparenz beim rot-grünen Senat kaum beachtet werden“, erklärte der haushaltspolitische Sprecher der oppositionellen CDU-Bürgerschaftsfraktion, Thilo Kleibauer. Die deutlichen Haushaltsüberschreitungen bei der Innenbehörde, die erheblichen Mängel bei der Vergabe und Rechnungskontrolle von Fördern & Wohnen sowie die unzureichenden Prüfungen bei Sozialleistungen seien nicht akzeptabel. „Dies gilt insbesondere auch für den Ankauf von Klimaschutzzertifikaten durch den Umweltsenator für eine Million Euro ohne jegliche Kontrolle und Beachtung des Haushaltsrechts.“ 

Steuerzahlerbund fordert Konsequenzen

Nach Ansicht des Bundes der Steuerzahler zeigt der Jahresbericht des Rechnungshofs alarmierende Mängel in der Haushalts- und Wirtschaftsführung der Stadt. „Besonders besorgniserregend sind die anhaltenden Ermächtigungsüberschreitungen in Millionenhöhe, Missstände bei Bauprojekten sowie fragwürdige Vergabeverfahren“, sagte der Landesvorsitzende des Steuerzahlerbundes, Sascha Mummenhoff. Er forderte klare Konsequenzen: „Es kann nicht sein, dass immer wieder Steuergelder verschwendet werden, während der Senat gleichzeitig über fehlende finanzielle Spielräume klagt.“