In einer neuen Anklageschrift enthüllt ein Sonderermittler Jack Smith, wie Donald Trump die verlorene Wahl für sich retten wollte. Darin finden sich heftige Vorwürfe.

Es war ein politischer Schock: US-Präsidenten – und damit Donald Trump – sind vor der Verfolgung von im Amt begangenen Verbrechen geschützt, das entschied das US-Verfassungsgericht. Zumindest, solange sie im Rahmen der Amtsgeschäfte erfolgte. Sonderermittler Jack Smith hat nun eine Klageschrift eingereicht, mit der er nachweisen will, dass Trump trotzdem verurteilt werden kann. Sie enthält schockierende Details aus Trumps Umgang mit der Wahl. Selbst Trumps Haussender Fox News spricht nun von „Verbrechen“.

Im Kern der am Mittwoch teilweise geschwärzt veröffentlichten Klageschrift steht eine Frage: Hat der ehemalige Präsident die Taten im Rahmen seines Amtes begangen? Smith ist überzeugt: „Die Antwort auf diese Frage ist Nein.“ Bemerkenswert ist allerdings der Umfang seiner Beweissammlung: Auf über 165 Seiten hat Smith einen Beweis für Trumps Schuld nach dem anderen aufgelistet. Und kommt zu einem klaren Ergebnis: „Nachdem der Angeklagte die Wahl 2020 verloren hatte, entschied er sich zu Verbrechen, um dennoch im Amt zu bleiben. Gemeinsam mit seinen Mitverschwörern begann er eine zunehmend verzweifelte Reihe von Plänen, um die legitimen Wahlergebnisse zu überwerfen.“

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Donald Trump: Kein Schutz für seinen Vize

Dabei enthüllt Smith zahlreiche nicht öffentlich bekannte Details der eigentlich ausführlich dokumentierten Wahlbetrugs-Kampagne Trumps. Selbst das eigene Team habe den Präsidenten immer wieder damit konfrontiert, dass es keine legale Handhabe gegen das Ergebnis, keine echten Hinweise für Wahlbetrug zugunsten Joe Bidens gäbe. Trump beharrte darauf weiterzumachen. Seinen Vize-Präsident Mike Pence forderte er auf, sich „ihm zu beugen“ – und die Wahl einfach nicht anzuerkennen.

Als der sich dann weigerte, hetzte Trump der Anklage zufolge bewusst den Mob auf ihn, der am 6. Januar 2021 das Kapitol stürmte – auch mit dem erklärten Ziel, Pence zu lynchen. Als Trump informiert wurde, dass Pence vom Secret Service gerettet werden musste, reagierte der unbeeindruckt: „Und wenn schon“, soll er vor Zeugen gesagt haben. 

Selbst Fox News spricht von Verbrechen

Angesichts der schweren Vorwürfe wählt selbst Trumps langjähriger Haussender „Fox News“ plötzlich ungewohnt harsche Worte. „Der Präsident hat sich entschieden, auf Verbrechen zu setzen“, erklärte Moderator Neil Cavuto zwar etwas verklausuliert, aber eindeutig. Der Sender hatte sowohl die Wahlbetrugsvorwürfe Trumps als auch sein persönliches Vorgehen bisher weitgehend als legitim dargestellt.

Im Trump-Lager reagiert man entsprechend harsch auf die Klageschrift. „WAHLMANIPULATION“ – schimpfte Trump in Großbuchstaben bei seinem Netzwerk Truth Social. Die Klageschrift strotze vor Falschbehauptungen, sei verfassungswidrig, so Trump. Die Klageschrift kurz nach der Vizepräsidentendebatte am Dienstag zu veröffentlichen, sei „ein offensichtlicher Versuch des Harris-Biden-Regimes, 33 Tage vor der Wahl die amerikanische Demokratie zu unterdrücken und als Waffe zu benutzen“, wütete der Kandidat. „Ich habe die Wahl 2020 nicht manipuliert. Das waren sie“, legte er Stunden später fast schon verzweifelt nach.

Offenes Verfahren

Die neue Anklageschrift war nötig geworden, weil das Verfassungsgericht im Juli Donald Trumps Argumentation gefolgt war, dass der US-Präsident nicht für im Amt begangene Verbrechen belangt werden dürfe. Smith bereits weit fortgeschrittene Anklage wurde durch diese Entscheidung weit zurückgeworfen. In der neuen Anklage ist der Ärger über die Entscheidung deutlich herauszulesen, sie argumentiert teilweise explizit gegen die Entscheidung der Richter und legt etwa dar, dass eine Anklage Trumps nicht seine Handlungsfähigkeit als Präsident einschränken würde – was die Hauptargumentation der Verfassungsrichter war.

Ob die neue Klage tatsächlich vor Gericht landet, hängt nun von mehreren Faktoren ab. Durch Einsprüche könnte sie letztlich sogar noch einmal vor dem Verfassungsgericht landen. Sollte Trump gewinnen, wäre sie ohnehin am Ende. Er werde nach einer Neuwahl nicht nur Smith absetzen, hatte Trump bereits angekündigt. Sondern ihn gemeinsam mit seiner Gegenkandidatin Kamala Harris und dem amtierenden Präsidenten Joe Biden vor Gericht bringen.

Quellen: Klageschrift, The Hill, Fox News