Noch hallt die Empörung über eine Islamisten-Demonstration in Hamburg nach, da stehen auch schon bundesweite Proteste zum Tag der Arbeit am 1. Mai ins Haus. Für Anmelder und Teilnehmer gibt es dabei einiges zu beachten.

Nach einer Demonstration von Islamisten in Hamburg hat unter anderem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Konsequenzen gefordert. „Eins muss klar sein: Alle Straftaten, überall dort, wo gegen Gesetze der Bundesrepublik Deutschland verstoßen worden ist, müssen verfolgt werden“, sagte er am Montag in Berlin. „Gegen all das, was an islamistischen Aktivitäten stattfindet, muss mit den Möglichkeiten und Handlungsoptionen unseres Rechtsstaates vorgegangen werden.“ Es stellt sich also die Frage, wie weit genau die im Grundgesetz garantierte Versammlungsfreiheit und die Meinungsfreiheit gehen darf.

Wofür und wogegen darf demonstriert werden?

Am Samstag hatten laut Polizei zeitweise mehr als 1200 Menschen in Hamburg demonstriert. Die Kundgebung richtete sich gegen eine angeblich islamfeindliche Politik Deutschlands. Auf Schildern war dabei unter anderem „Kalifat ist die Lösung“ zu lesen. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) schrieb darauf am Montag im Online-Netzwerk X: „Wem ein Kalifat lieber sein sollte als der Staat des Grundgesetzes, dem steht es frei auszuwandern.“

Ähnlich wie es Marco Buschmann freisteht, seine Meinung zum Zweck der Demonstration in Hamburg zu äußern, steht es hierzulande – mit wenigen Ausnahmen – auch allen frei, sich zu versammeln, um einer gemeinsame Forderung Nachdruck zu verleihen. Inhaltlich darf also für oder gegen nahezu alles auf die Straße gegangen werden, was nicht ausdrücklich verboten ist. 

Welche Demonstrationen wären verboten?

Die Demonstrationsfreiheit findet dann ihre Grenzen, wenn die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet ist. Das bedeutet, dass die staatliche Gewalt immer dann einschreitet, wenn Versammelte beispielsweise gewalttätig werden und aggressiv körperlich gegen Personen oder Sachen vorgehen. Dann kann es zu Beschränkungen oder dem Abbruch der Veranstaltung kommen. Ebenso verhält es sich, wenn beispielsweise antisemitische Parolen skandiert werden. Auch verbotenen Vereinigungen ist es untersagt zu demonstrieren.28: 1100 Islamisten demonstrieren  Faeser «schwer erträglich» – 09.09

Die Anmeldung der islamistischen Demonstration in Hamburg soll durch ein Mitglied der Plattform „Muslim Interaktiv“ erfolgt sein. Der Hamburger Polizeipräsident Falk Schnabel sprach sich im NDR für ein Verbot von „Muslim Interaktiv“ aus, wenn die verfassungsrechtlichen Erkenntnisse dafür ausreichten. Die Gruppierung könne in den sozialen Netzwerken zu einer Radikalisierung von Muslimen beitragen.

Zuständig für ein Vereinsverbot wäre das Bundesinnenministerium. Ein Sprecher sagte dazu am Montag, das Ressort äußere sich „grundsätzlich nicht zu möglichen Vereinsverboten – unabhängig davon, ob es im Einzelfall solche Überlegungen gibt oder nicht“.

Falls aber ein Verbot gegen den Anmelder oder eine dahinterstehende Gruppierung vorläge, kann eine Demonstration verboten werden.

Wie darf demonstriert werden?

Auch für das Wie einer Versammlung gilt: Alles, was nicht ausdrücklich verboten ist, darf gemacht werden.

Im Versammlungsgesetz ist festgeschrieben, dass Vermummungen bei öffentlichen Versammlungen, die im Freien stattfinden, verboten sind. Auch auf dem Weg zu solchen Veranstaltungen dürfen man keine Utensilien tragen oder mit sich führen, mit denen man sich vermummen können.Hamburg Islam Demo 20.40

Natürlich ist auch die Verbreitung von Propagandamaterial oder das Verwenden von Kennzeichen von verfassungswidriger Organisationen auf Demonstrationen verboten.

Einem Sprecher der Polizei Hamburg zufolge werden Parolen und Transparente, aber auch mehrere zu der Versammlung am vergangenen Wochenende eingegangene Onlineanzeigen mit der Staatsanwaltschaft noch „auf strafrechtliche Relevanz geprüft“. Dazu werde auch öffentlich zugängliches Bild- und Videomaterial herangezogen, teilte er weiter mit. Demnach wurden jedoch am Samstag keine Teilnehmer in Gewahrsam oder festgenommen.

Welche Parolen sind verboten?

Wie auch im sonstigen Leben dürfen Menschen weder beleidigt noch verleumdet werden. Zu einzelnen Veranstaltungen erlässt die Versammlungsbehörde häufig zusätzlich bestimmte Auflagen, die Parolen oder bestimmte Formulierungen betreffen. So sind beispielsweise bei der dieses Jahr in Berlin geplanten „Revolutionären 1. Mai“-Demonstration Symbole terroristischer Organisationen sowie antijüdische Parolen und auch Slogans gegen Israel, die das Existenzrecht des Staates ablehnen, verboten. Darunter fällt auch der bekannte Satz „From the river to the sea – Palestine will be free“, der sich auf das Gebiet Israels bezieht.

PAID STERN Extra 2009_05 Islam 15 Uhr

Wo darf demonstriert werden?

Versammlungen sind nach dem Versammlungsgesetz innerhalb von sogenannten „befriedeten Bannkreisen“ – wiederum mit Ausnahmen – nicht erlaubt. Hierbei sind Parlamentsgebäude, Regierungssitze etc. gemeint. Explizit wird im Versammlungsgesetz auch das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin als Verbotsort genannt. An allen anderen öffentlichen Orten, sofern die Einschränkungen für den Straßenverkehr und beispielsweise die Anwohner in einem „verhältnismäßigen“ Umfang bleiben, darf demonstriert werden.

Quellen:  Bundesinnenministerium, La Liberté, Bundesverfassungsschutz, mit DPA und AFP