Unternehmen oder Verbände können die Gesetzgebung in Brüssel oft unbemerkt beeinflussen, kritisiert der EU-Rechnungshof. Bürgerinnen und Bürger hätten nur sehr begrenzt Einblick.

Gut ein Jahr nach dem Korruptionsskandal im Europaparlament sieht der EU-Rechnungshof bei den EU-Institutionen Mängel im Umgang mit Lobbyisten.

Interessensvertreter können noch immer von der Öffentlichkeit unbemerkt auf die EU-Gesetzgeber Einfluss nehmen, wie der Rechnungshof mitteilte. So könnten Lobbyisten einige der Transparenzvorgaben für bestimmte Formen der Einflussnahme völlig umgehen. Lobbying sei wichtig, weil es Organisationen und Einzelpersonen ermögliche, einen Beitrag zur Politikgestaltung und Entscheidungsfindung zu leisten. „Allerdings kann Lobbying ohne Transparenzmechanismen zu unzulässiger Einflussnahme, zu unlauterem Wettbewerb oder sogar zu Korruption führen“, mahnten die Rechnungsprüfer.

Austausch oft fernab der öffentlichen Wahrnehmung

„Oft findet der Austausch zwischen Lobbyisten und EU-Gesetzgebern fernab der öffentlichen Wahrnehmung statt, was der Transparenz schadet und sich negativ auf das Vertrauen der Öffentlichkeit auswirkt“, sagte Kristijan Petrovic, das für die Prüfung zuständige Mitglied des Rechnungshofs.

Nur für bestimmte Zusammenkünfte und Aktivitäten sei eine Registrierung im EU-Transparenzregister zwingend erforderlich. Eine in den sogenannten Katargate-Skandal verwickelte Nichtregierungsorganisation sei etwa im Juni 2022 an einer Konferenz im Parlament beteiligt gewesen, obwohl sie nicht im Register eingetragen gewesen sei. Seit Einrichtung des Transparenzregisters sei die Zahl der registrierten Lobbyisten von etwa 5500 im Jahr 2012 auf mittlerweile rund 12.500 angestiegen. Es sei rechtlich aber nicht verbindlich, sich in dem Register einzutragen. 

Katar-Skandal erschütterte Europaparlament

Im Dezember 2022 hatte der Katar-Skandal das Europaparlament erschüttert. Die belgische Justiz ermittelt gegen die inzwischen abgesetzte Vizepräsidentin Eva Kaili und weitere Verdächtige wegen Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung, Geldwäsche und Korruption. Dabei geht es um mutmaßliche Einflussnahme auf politische Entscheidungen aus dem Ausland.

Zudem kritisiert der Rechnungshof, dass sich Lobbyisten nur für Treffen mit den ranghöchsten Mitarbeitern der EU-Institutionen registrieren müssten. „Spontane Treffen und Telefongespräche sowie E-Mail-Verkehr müssten nicht formell festgehalten werden, und für Treffen mit Mitarbeitern unterhalb der Ebene eines Generaldirektors (also faktisch mit fast allen Mitarbeitern) benötigten Lobbyisten keine Registrierung“, so die Rechnungsprüfer.