Eigentlich sollte das Sturmgeschütz Bunker und MG-Nester bekämpfen. Doch es wurde zu einer gefürchteten Anti-Panzerwaffe. An der Entwicklung waren der Diktator Hitler und sein größter Stratege Erich von Manstein maßgeblich beteiligt.
Der erfolgreichste deutsche Panzer-Killer gehört nicht zu den beliebten Popstars des Panzerbaus. Das Sturmgeschütz III ist klein, unscheinbar und gerade darum besonders tödlich. Im deutschen System wurde das Stug III gar nicht als Kampfpanzer geführt. Es gehörte zur Sturmartillerie. Die Deutschen fassten ihre „echten“ Panzer in eigenen Verbänden zusammen, die losgelöst von der langsamen Infanterie schnelle Angriffe und tiefe Durchbrüche erreichen sollten.
Die Infanterieeinheiten bekamen fahrbare, eher leicht gepanzerte Kanonen, die ihnen helfen sollten, mit ihrer Feuerkraft gegnerische Stellungen und Bunker direkt zu bekämpfen. Sie hatten die klassische Rolle eines Begleitpanzers, wie man ihn schon im Ersten Weltkrieg genutzt hatte. David Willey Kurator des britischen Tank Museum beschreibt das so: „Mobile Artillerie, das war die Idee dabei. Eine Kanone, die man beim Vorstoß der Infanterie mitnehmen kann:“FS Stug III
Kurze „Stummel“-Kanone
In Deutschland griff General Erich von Manstein in den 1930ern diese Idee auf. Das Sturmgeschütz sollte Unterstände und MG-Nester direkt unter Feuer nehmen. Das war eine ganz andere Rolle, als die man für die echten Panzer vorgesehen hatte. Für das Geschütz nutzte man die Plattform des Panzer III – zu Beginn des Krieges war das der deutsche Standardkampfpanzer. Innerhalb der deutschen Wehrmacht führte das Programm zu Reibereien. Panzergeneräle wie Heinz Guderian fürchten, das Parallelprogramm würden ihnen wichtige Ressourcen entziehen. Doch letztlich konnten sich die Befürworter um Manstein, der als bester deutscher Stratege des Krieges gilt, durchsetzen.PAID STERN 2020_09 Ausweglos_6.40Uhr
Anders als beim Panzer III verzichtet man beim Sturmgeschütz auf einen drehbaren Turm – die Kanone ragte nach vorn. Sie konnte etwas verschwenkt werden, doch für größere Bewegungen musst das ganze Chassis bewegt werden. Dafür war das Sturmgeschütz nicht höher als ein stehender Soldat.
Für die ursprüngliche Aufgabe wurde das vergleichsweise kleine Fahrgestell bereits mit einer Kanone im Kaliber 75 mm ausgerüstet, der Panzer III hatte nur das Kaliber 50 mm. Doch um Sprenggranaten auf Gräben und Bunker abzuschießen, wählte man eine extrem kurze Kanone. Die 7,5-cm-StuK 37 L/24 trug den Beinamen „Stummel“. Ihr Nachteil: Sie konnte keine wirksamen panzerbrechenden Granaten verschießen, dafür reichte die Mündungsgeschwindigkeit des „Stummels“ nicht aus.
Wirksame Hauptwaffe für das Sturmgeschütz
Das änderte sich erst im Jahr 1942. In die Varianten F und später G wurde eine lange Kanone vom gleichen Kaliber eingebaut. Zuerst die 7,5-cm-StuK 40 L/43, ab Herbst 1942 dann die 40 L/48. Gleichzeitig wurde die Panzerung verstärkt. Die neue Hauptwaffe war die Standardkanone der Deutschen im Zweiten Weltkrieg und blieb bis zum Kriegsende eine wirksame Waffe, die jeden Gegner ausschalten konnte. Nur gegen die überschweren Panzer der Alliierten – wie der Pershing der US-Army und der Stalin II Panzer der Roten Armee – blieb sie wirkungslos.
Adolf Hitler wird häufig als treibende Kraft bei der Entwicklung immer schwererer Panzer gesehen, die immer aufwendiger und anfälliger wurden. Tatsächlich nahm der Diktator großen Anteil an der Entwicklung des eher unscheinbaren Sturmgeschützes. Er selbst soll verlangt haben, dass das Geschütz mit der langen Kanone und stärkere Frontpanzerung ausgestattet wurde.
Durch seine geduckte Silhouette und die Feuerkraft der Hauptwaffe verwandelten sich das Stug III in eine Anti-Panzerwaffe. Hinzu kam der hohe Ausbildungsstand der ersten Einheiten.
Schnell wurde das Geschütz ein gefürchteter Panzerkiller. Die Sowjets entwickelten spezielle Taktiken, um der neuen Bedrohung Herr zu werden. Das Stug III besaß nur an der Front eine wirksame Panzerung und war relativ langsam. Stießen die Sowjets auf eine Einheit, griffen sie nicht frontal an, sondern versuchten, die Deutschen zu umgehen und von der Flanke anzugreifen.
Das Stug II wurde zum meistgebauten Vollkettenfahrzeug der Deutschen. In der Produktion genoss das Geschütz immer eine höhere Priorität als die berühmten Modelle Panther und Tiger. Von außen konnte man ihm die zusammengestückelte und improvisierte Entwicklung ansehen. Doch in der Herstellung war das Sturmgeschütz im Vergleich zu den späteren Kampfpanzern deutlich kostengünstiger und einfacher herzustellen. Ein Tiger kostete 260.000 Reichsmark, das Stug III nur 82.000. Eine Panzerabwehrkanone mit dem nötigen Zugfahrzeug kostet schon über 40.000 Reichsmark.
Dem T-34 unterlegen
Im Laufe des Krieges versuchten sich die Deutschen daran, das Konzept zu verbessern und auf größere Panzer zu übertragen. Doch letztlich büßten sie mit den komplizierten Entwicklungen den Vorteil der einfachen Herstellung ein. Als Einzelstück und technisches Meisterwerk kann ein Jagdpanther überzeugen, doch insgesamt war die Entwicklung eines so aufwendigen Fahrzeugs ohne Drehturm eine Fehlentscheidung. Gegen Ende des Krieges wollte man mit dem Hetzer einen Jagdpanzer bauen, der noch kleiner war als das Sturmgeschütz III. Doch eigentlich bessere Lösungen, wie die abgeschrägte Panzerung, führten zu einer qualvollen Enge in dem Mini-Panzer.
Insgesamt wurden etwa 10.000 Sturmgeschütz III gebaut. Obwohl das Geschütz ein wirksames Konzept war, konnte das Stug III die alliierten Panzer nicht aufhalten. Die USA stellten 50.000 Sherman M4 Panzer her und die UdSSR 80.000 T-34. Dem T-34 war das Sturmgeschütz III in jeder Beziehung – Panzerung, Geschwindigkeit und später auch Feuerkraft – unterlegen, eine deutsche Besatzung konnte nur hoffen, aus einer versteckten Stellung heraus die angreifenden Sowjetpanzer unter Feuer zu nehmen, bevor diese das Geschütz entdeckten.
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