Die SPD im Bundestag treibt die Debatte über eine Aufweichung der Schuldenbremse voran. Auch aus NRW wird der Druck größer. Dort hat die SPD noch drastischere Vorschläge.

Vor den Verhandlungen zum Bundeshaushalt 2025 hat die nordrhein-westfälische SPD den Druck für eine Reform der Schuldenbremse erhöht.  Die Schuldenbremse sei „in der jetzigen Form ein Relikt vergangener Zeiten, eine Wachstumsbremse und Investitionsbremse“, sagte der stellvertretende SPD-Bundestagsfraktionschef Achim Post am Dienstag vor Journalisten. Die SPD-Fraktion habe einen Leitungskreis eingesetzt, der sich kurzfristig schon kommende Woche treffen wolle und sich „sehr umfassend mit der Reform der Schuldenbremse befassen wird“, sagte Post, der auch Co-Vorsitzender der NRW-SPD ist. Auch alle SPD-regierten Bundesländer sowie das Kanzleramt würden in die Diskussion einbezogen. Bis zur Sommerpause sollten erste Vorschläge gemacht werden. 

SPD kämpft gegen Lindner

In der Ampel-Regierung ist Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) strikt gegen eine Aufweichung der Schuldenbremse und hatte sie auch als Inflationsbremse bezeichnet. Die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse verbietet Bund und Ländern weitgehend, ihre Haushalte mithilfe neuer Schulden zu finanzieren. Es gibt aber Ausnahmen, etwa in bestimmten Notlagen.    

„Man hat fast das Gefühl, Deutschland ist der Geisterfahrer in dieser Frage der Schuldenbremse“, sagte Post. Er kenne kein einziges vergleichbares Land, das dieses Instrument habe. Er sehe aber inzwischen viel Bewegung in der Frage – auch in der FDP, sagte Post. Wenn die Bundesregierung aber bei der „Sparlogik in dieser Brutalität“ bleibe, dann werde Deutschland beim Wachstum weiter Letzter in Europa bleiben und auch NRW „nicht aus den Hufen kommen“.

Rückendeckung bekam die SPD erneut von dem Düsseldorfer Wirtschaftswissenschaftler Jens Südekum. Der Sparkurs der Bundesregierung sei aus konjunktureller und auch aus längerfristiger Investitionsperspektive falsch, sagte der Professor für Volkswirtschaftslehre an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.  Südekum, der nach eigenen Angaben seit vielen Jahren SPD-Mitglied ist, schlug erneut vor, ein Sondervermögen im Grundgesetz zu verankern, um Planungssicherheit für Investitionen zu schaffen. Mit kleinen Operationen innerhalb der Schuldenbremse komme man jetzt nicht mehr aus. „Es geht nicht mehr mit kleinen Tricks“, sagte der Ökonom. „Wir brauchen jetzt eine echte Reform der Schuldenbremse.“ Damit dürfe auch nicht mehr bis zur Bundestagswahl 2025 gewartet werden.

Auch internationale Institute hätten inzwischen Vorschläge zur Schuldenbremse gemacht, sagte Südekum. Es werde „ziemlich einsam“ um Finanzminister Lindner und seine Berater. Mittlerweile herrsche ein breiter Konsens, dass die Schuldenbremse zwar nicht abgeschafft werden solle, aber eine „investitionsorientierte Reform“ brauche. 

SPD will auch Reiche zur Kasse bitten

Um die wachsenden Staatsausgaben in Krisenzeiten stemmen zu können, bekräftigte die NRW-SPD als mitgliederstärkster Landesverband die Forderung nach einer einmaligen „Krisenabgabe“ für Superreiche. Das hatte auch der SPD-Bundesparteitag im Dezember beschlossen. 

Vorstellbar sei, dass 0,4 bis 0,5 Prozent der Reichsten davon betroffen sein könnten, sagte Wiebke Esdar, die Vorsitzende der NRW-Landesgruppe in der SPD-Bundestagsfraktion. Als Freibetrag kämen zwei Millionen Euro bei privatem Kapital und fünf Millionen Euro bei Betriebsvermögen infrage. Die Abgabe solle progressiv je nach Höhe des jeweiligen Vermögens gestaltet und über 20 Jahre abbezahlt werden können. Eine einmalige Abgabe hat nach Worten Esdars gegenüber einer Vermögenssteuer den Vorteil, dass Vermögen nicht mehr ins Ausland transferiert werde. Denn die Abgabe werde zu einem bestimmten Stichtag eingeführt, und es gelte das Vermögen vor diesem Stichtag.

Die Krisenabgabe für Reiche ist Teil eines Fünf-Punkte-Plans der NRW-SPD zur Finanzierung der wachsenden Staatsausgaben von der Bildung bis zu Kitas, Infrastruktur und Krankenhäusern. Zu den weiteren Vorschlägen gehört auch die Reform der Schuldenbremse sowie die Einrichtung eines Investitionsfonds in Höhe von 30 Milliaden Euro, der als sogenanntes Sondervermögen nicht unter die Regeln der Schuldenbremse fallen solle. Außerdem solle die Erbschaftssteuer verschärft werden, um Mehreinnahmen von Millionen- oder Milliardenerben zu erzielen. Nicht zuletzt müsse die Landesregierung unter Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) sich auch für eine faire kommunale Altschuldenlösung einsetzen.