„Wir sind in der Wahrheit“, lautet ein gängiger Spruch der Zeugen Jehovas. Woran glauben die Mitglieder? Wissenswertes zur Gemeinschaft.
Gegründet um 1870 von einem US-amerikanischen Bibelforscherkreis, glaubt die Religionsgemeinschaft daran, dass Gott (Jehova) alles „Böse auf der Erde“ im Harmagodon beseitigen und, exklusiv für Gläubige, ein Paradies auf Erden schaffen werde. Diese Botschaft verbreiten die weltweit rund 8,7 Millionen Zeugen Jehovas (in Deutschland etwa 178.000) über Publikationen und im Missionierungsdienst.
Geführt wird die Organisation mit Sitz nahe New York Citys von einer Gruppe von Männern, die nach eigenem Verständnis von Christus angeleitet werden. „Wir sind in der Wahrheit“, lautet ein gängiger Spruch. Was außerhalb der Community geschieht, wird negativ als „die Welt“ abgegrenzt. Die Gemeinden sind in Versammlungen unterteilt, die von Ältesten (ebenfalls Männern) geleitet werden.
Die Zeugen Jehovas haben eigene Rechtskomitees
Verhaltensregeln sind im Ältestenbuch niedergeschrieben, darunter auch Anweisungen für Rechtskomitees, die sowohl bei religiösen, etwa bei „unzüchtigem“ oder „zügellosem“ Verhalten, als auch weltlichen Verfehlungen tätig werden. Die Rechtskomitees stellen Betroffene öffentlich bloß oder schließen sie aus der Gemeinschaft aus. Außerdem steht die interne Gerichtsbarkeit im Verdacht, die Strafverfolgung von Verbrechen zu behindern. Das betraf zuletzt Delikte wie Kindesmissbrauch. In Australien enthüllte eine Untersuchung die massenhafte Vertuschung solcher Fälle. Auch in Belgien und Frankreich schalteten sich die Staatsanwaltschaften ein, weil Missbrauch nicht angezeigt worden war. In Deutschland wirft die „Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs“ des Bundesfamilienministeriums den Zeugen Jehovas mangelnde Kooperation bei der Aufklärung vor.
Die Gemeinschaft weist das zurück. Auf stern-Anfrage gibt sie an, Kindesmissbrauch zu verabscheuen und Betroffene auf das Recht hinzuweisen, „sich selbst bei den Behörden zu melden“. Zum Vorwurf der sozialen Ächtung bestätigt ein Sprecher, es werde die biblische Anweisung gelehrt, „den Umgang mit Personen, die ausgeschlossen wurden, einzuschränken oder zu beenden“. Die Umsetzung bleibe den Mitgliedern vorbehalten.
Schauspielerin Jennifer Siemann ist bei den Zeugen Jehovas aufgewachsen. Als sie die Gemeinschaft verließ, wurde sie von ihrer strenggläubigen Familie verstoßen. Eine Erfahrung, die viele Aussteiger teilen. Jetzt hat Siemann erstmals darüber gesprochen. Das ganze stern-Gespräch lesen Sie hier.