In Frankreich ist es zuletzt zu mehreren Gewaltausbrüchen unter Jugendlichen gekommen. Zwei Heranwachsende sind gestorben, eine Jugendliche ist nach einem Koma auf dem Weg der Besserung.
Der 15-Jährige wollte wohl schlichten – und hat das in Romans-sur-Isère mit dem Leben bezahlt. Er sei bei einer Auseinandersetzung zwischen Jugendlichen dazwischen gegangen, erklärte die Staatsanwaltschaft von Valence im Südosten Frankreichs. Sie hat Ermittlungen wegen vorsätzlicher Tötung aufgenommen. Zeugen und Bilder von Überwachungskameras hätten Hinweise auf den Täter und mehrere Verdächtige gegeben. Nach ihnen werde aktiv gesucht. Eine Person, die mit den Verdächtigen in Verbindung stehe, sei in Polizeigewahrsam. Das Opfer war durch Messerstiche in den Rücken tödlich verletzt worden.
Der Tod des Teenagers ist der jüngste Vorfall in einer Reihe von mehreren Gewalttaten, die innerhalb einer Woche das Land erschüttert haben. „Es ist nicht hinnehmbar, dass Messerstechereien zu einer banalen Tat werden“, sagte die Bürgermeisterin des Ortes, Marie-Hélène Thoraval, dem Sender CNews.
Mädchen wegen Ramadan geschlagen
Ebenfalls am Dienstag wurde laut den Zeitungen „Dernières Nouvelles d’Alsace“ (DNA) und „Le Figaro“ eine 13-Jährige von vier Minderjährigen muslimischen Glaubens geschlagen, weil sie ihr vorwarfen, das Fasten im Ramadan nicht einzuhalten. Das Mädchen gab an, es sei im Schulbus von drei Mädchen und einem Jungen angesprochen und nach dem Aussteigen geschlagen worden. Die Jugendlichen seien um die 15 Jahre alt gewesen und nach dem Angriff geflüchtet. Die leicht verletzte Schülerin habe später mit ihrem Vater bei der Polizei Anzeige erstattet.
FrankreichKolumneBrigitteMacron 20.30In der vergangenen Woche war ein 15-jähriger Schüler im Pariser Vorort Viry-Châtillon von vier jungen Männern erschlagen worden. Die unter Mordverdacht festgenommenen drei 17-Jährigen sowie ein 20-Jähriger sollen den Schüler auf dem Heimweg von der Schule zusammengeschlagen und bewusstlos zurückgelassen haben. Nach Angaben des Bürgermeisters wurde er in einem Treppenhaus gefunden, „er war nicht mehr ansprechbar“. Der Jugendliche starb in einer Pariser Klinik.
Brüder sollen 15-Jährigen erschlagen haben
Unter den mutmaßlichen Tätern befinden sich zwei Brüder. Die beiden sollen laut den Ermittlern erfahren haben, dass ihre jüngere Schwester sich mit dem späteren Opfer zu sexuellen Themen ausgetauscht haben soll; der Jugendliche habe sich angeblich auch mit den Kontakten zu der Schwester gebrüstet. Die Brüder hätten demnach um den Ruf der Schwester und ihrer Familie gefürchtet und dem Schüler gemeinsam mit den beiden anderen mutmaßlichen Mittätern aufgelauert.FS Krawalle Frankreich 17.50
Die tödliche Attacke sorgte für bestürzte Reaktionen von Politikern. Premierminister Gabriel Attal stellte nach einer Anfrage der Rechtspopulistin Marine Le Pen „sehr wirkungsvolle Maßnahmen“ in Aussicht, um auf der Straße, in den Schulen und Familien wieder „Ordnung“ herzustellen. „Es wird in unserem Land niemals ein Recht auf Prügeleien geben, (…) ein Recht, einen Jungen anzugreifen, weil er ein Mädchen liebt, ein Recht, ein Mädchen anzugreifen, weil es nicht die gleichen Überzeugungen, einschließlich religiöser Überzeugungen, vertritt“, sagte Attal. Details zu seinen Plänen nannte er nicht.
Jugendgewalt in Frankreich entsetzt Politik
Die französische Ministerin für Bildung und Jugend, Nicole Belloubet, schrieb auf X: „Zutiefst erschüttert über den Tod des in Viry-Châtillon angegriffenen Jugendlichen. Meine Gedanken sind in erster Linie bei seiner Familie.“ Sie denke auch an die Schulgemeinschaft, deren unendliche Trauer sie nachvollziehen könne. „Ich stehe ihnen zur Seite und bekräftige nochmals, dass wir den Schrecken der Gewalt niemals akzeptieren werden.“
Justizminister Eric Dupond-Moretti kritisierte die Verwendung des Wortes „Ehrenmord“, der von manchen Medien im Fall des 15-Jährigen benutzt worden war. „Es gibt keinen Ehrenmord (crime d’honneur), es gibt nur Horrormorde (crimes d’horreur)“, sagte er.
13-Jährige ins Koma geprügelt
Zwei Tage zuvor war im südfranzösischen Montpellier eine 13-Jährige vor ihrer Schule von drei Jugendlichen fast totgeprügelt worden. Zwei 14 und 15 Jahre alte Schüler und eine 14-jährige Schülerin kamen in Polizeigewahrsam. Die Jugendliche wurde zwischenzeitlich in ein künstliches Koma versetzt, inzwischen geht es ihr wieder besser. Die Schülerin soll von den anderen gemobbt worden sein. Medien zitierten die Mutter mit der Vermutung, dies könne damit zusammenhängen, dass sie anders als zahlreiche andere muslimische Mitschülerinnen kein Kopftuch getragen hat.
Der Anwalt einer der Tatverdächtigen sagte dem französischen Sender „BMFTV“, dass „die Belästigungen seit dem Schulbeginn stattgefunden haben“, dass sie aber von der 13-Jährigen und nicht von seiner Mandantin verursacht worden seien. Er erklärte außerdem, dass „der religiöse Aspekt in diesem Fall überhaupt keine Rolle spielt“. Laut der Staatsanwaltschaft soll dieser Gewaltausbruch seinen Ursprung in „Beschimpfungen“ zwischen Schülern in sozialen Netzwerken haben, berichtete „BMFTV“.
Neu ist das Phänomen allerdings nicht. Romans-sur-Isère, wo Dienstag ein 15-Jähriger starb, war bereits Mitte November in den Schlagzeilen: Eine größere Gruppe junger Leute von dort hatte ein Fest im Nachbarort Crépol überfallen. Etliche Menschen wurden verletzt, ein 16-Jähriger erstochen. Gegen 20 damals mutmaßlich Beteiligte laufen Ermittlungen.
Quellen: DPA, AFP, „France Bleu“ zum Erstochenen in Romans-sur-Isère, „France Bleu“ zur Polizeipräsenz in Romans-sur-Isère, „Midi Libre“ zum Getöteten in Romans-sur-Isère, „Dernières nouvelles d’Alsace“ zum Vorfall in Achenheim, „Le Figaro“ zu Achenheim, „France Bleu“ zum Erschlagenen bei Paris, Bürgermeister-Interview auf „France Info“, „Midi Libre“ zum Vorfall in Montpellier, „BMFTV“ zu Montpellier,