Rewe eröffnet mit viel Tamtam im Szene-Kiez Friedrichshain einen Supermarkt nur mit veganen Produkten. An der selben Stelle ist aber schon ein Vorgänger gescheitert.
„Die Karotte bitte nach vorne“, ruft ein aufgeregter RWE-Mitarbeiter. An der Tür warten bereits ein lebensgroßer Brokkoli und eine Erdbeere. „Macht Berlin gemüslicher“, steht auf ihren Kostümen. Ein PR-Gag der Rewe-Verantwortlichen, die in Berlin ihren ersten voll pflanzlichen Supermarkt in Deutschland eröffnen – ein Eckladen auf der Warschauer Straße, mitten im bunten Friedrichshain, wo Berlin am hippesten ist. Draußen weht ein frischer Wind, ein einsamer Herr spielt Cello. Auf den Stehtischen liegen verpackte Haferkekse und „Bunte Bären“-Tüten, die niemand öffnet.
Promigast Franziska Giffey (SPD), Berlins Wirtschaftsenatorin, ist eingetrudelt und Peter Maly, Rewe-Vorstand, führt stolz durch das neue Ladengeschäft. 2700 vegane Produkte hat Rewe hier im Sortiment. 1700 sind es in einem gewöhnlichen Rewe. Es gibt den „No Muuh Drink“, eine Rewe-Eigenmarke aus Biohafer und Soja und einen döner-ähnlichen „Like Doner“ mit „Wow-Geschmack“.
Auch München zeige Interesse an einer veganen Rewe-Filiale
Giffey lobt „das innovative Angebot“. Man reicht ihr ein dünnflüssiges Getränk in zartem Gelb. Ein veganer Eierlikör – aus Soja, Mais und einem Hauch Vanille. Die SPD-Wirtschaftssenatorin nippt vorsichtig, verzieht keine Miene und sagt dann: „sehr fruchtig, ein neues Geschmackserlebnis“. Die nächste Kostprobe, ein veganes Softeis frisch aus dem Eisautomaten, behält sie dann lieber im Becher.
Jemand will wissen, ob sie sich vegan ernähre und Giffey antwortet, dass sie darin nicht besonders gut sei. Vegane Ernährung sei ja auch kein Muss und schon gar keine Frage der Moral. Damit dürfte sie ziemlich genau die Meinung der Mehrheit der Deutschen wiedergeben. Aber sie sei doch erstaunt, wie gut einige Fleischersatzprodukte schmecken – fast wie echte Würstchen oder Schnitzel. Auch das mehrheitsfähig.
Der Berliner Laden sei ein Pilotprojekt, mit dem die Supermarkt-Kette teste, was gut ankomme, sagt Rewe-Vorstand Maly. In einem Jahr oder später wolle man dann entscheiden, ob sich die vollpflanzlichen Rewe-Filialen lohnen. Interesse gebe es schon aus München.
Eins liegt dem Rewe-Manager noch am Herzen. Man habe hier keine abgehobenen Preise und bewusst auch günstige Produkte ins Sortiment gepackt. Er zeigt auf eine Salattüte der Rewe-Eigenmarke „Ja!“ im Kühlregal. Klar, Salat ist voll pflanzlich. Nur – was ist mit der Tüte? Frau Giffey findet das mit den Preisen „sehr vernünftig“ und es sei „so schön“, dass Rewe hier wieder einen voll pflanzlichen Supermarkt aufgemacht habe. Denn der Versuch des Vormieters an derselben Stelle ging ja schief.
„Veganz“, der Supermarkt für pflanzliche Produkte, schloss Ende 2023 seinen letzten Supermarkt in Berlin und produziert nun nur noch vegane Lebensmittel. Veganz-Riegel liegen jetzt im Rewe-Regal. Beim Rausgehen gibt’s noch Kostproben für die Frau Wirtschaftssenatorin. Ein Fläschchen Eierlikör ist auch dabei.