Bei der Parlamentswahl in Südkorea hat sich nach der Auszählung fast aller Stimmen ein deutlicher Sieg der Gegner von Präsident Yoon Suk Yeol abgezeichnet. Wie die Nachrichtenagentur Yonhap am Donnerstag berichtete, konnten sich die oppositionelle Demokratische Partei (DP) von Lee Jae Myung und ihre Partner 176 Sitze im Parlament sichern und ihre bereits bestehende Mehrheit beibehalten – verfehlten aber damit knapp eine sogenannte „Super-Mehrheit“ von mindestens 200 der 300 Parlamentssitze.
Die DP gewann demnach 161 Direktmandate, kam aber mit Blick auf die nach dem Verhältniswahlrecht vergebenen Sitze auf insgesamt 176 Sitze. Yoons Partei Macht des Volkes (PPP) und ihre Verbündeten büßten zwar an Stimmen ein. Sie dürften aber insgesamt 109 Sitze behalten – und damit mehr als die zuvor prognostizierten 85 bis 99 Sitze.
Zur Opposition gehört auch die neue Partei „Rebuilding Korea“ des ehemaligen Justizministers Cho Kuk. Sie konnte voraussichtlich zwischen zwölf und 14 Sitze erringen.
Eine „Super-Mehrheit“ hätte es der Opposition ermöglicht, Präsident Yoon noch vor Ablauf seiner Amtszeit im Jahr 2027 zu stürzen. Sollte sich das vorläufige Ergebnis bestätigen, gilt Yoon für die verbleibenden drei Jahre seiner Amtszeit als eine „lahme Ente“.
„Ich werde die Entscheidung des Volkes mit demütigem Herzen verfolgen“, sagte Lee laut Berichten örtlicher Medien nach der Wahl. PPP-Chef Han Dong Hoon nannte die Prognosen „enttäuschend“. „Wir werden die Auszählung der Stimmen verfolgen“, sagte er der Nachrichtenagentur Yonhap zufolge.
Das Volk habe gewonnen und die Regierung von Yoon abgestraft, sagte der ehemalige Justizminister Cho Medienberichten zufolge nach der Wahl. Bereits während des Wahlkampfs hatte der Politiker angekündigt, den amtierenden Präsidenten erst zu einer „lahmen“ und dann zu einer „toten Ente“ zu machen.
„Die heutigen Zahlen belegen die große Wut der Menschen auf Yoon und seine zweijährige Amtszeit“, sagte Politikexperte Yum Seung Yul der Nachrichtenagentur AFP. „Was wäre, wenn er sich trotz dieses überwältigenden Wahlergebnisses nicht ändern würde? Ich denke, dass die öffentliche Wut noch größer werden wird, und das macht mir Sorgen.“
Die Parlamentswahl galt als Kampfabstimmung zwischen dem konservativen Präsidenten Yoon und seinem Rivalen Lee. Lee war Yoon bei der Präsidentenwahl 2022 nur knapp unterlegen, seine Partei DP hatte allerdings im Parlament die Mehrheit inne. Yoon hatte dagegen gehofft, durch die jüngste Abstimmung die Mehrheit im Abgeordnetenhaus zurückgewinnen zu können.
Yoon hat in seiner zweijährigen Amtszeit an Beliebtheit eingebüßt. Die Unterlegenheit im Parlament behinderte zudem seine konservative Agenda, darunter Gesundheitsreformen sowie die Abschaffung des Ministeriums für Geschlechtergleichheit. Außenpolitisch steht Yoon für einen harten Kurs gegenüber Nordkorea, die Annäherung an die ehemalige Kolonialmacht Japan und gute Beziehungen zu den USA.
Sein Konkurrent Lee steht dagegen für einen moderateren Kurs gegenüber Pjöngjang und China. Gegen den Chef der DP wird in mehreren Fällen wegen Korruption ermittelt. Er streitet alle Vorwürfe ab.