Die Parlamentswahl in Südkorea gilt als Zwischentest für die Regierung. Laut ersten Prognosen verfehlt die Partei des Präsidenten ihr Ziel, die Machtverhältnisse zu ihren Gunsten zu ändern.
Bei der heutigen Parlamentswahl in Südkorea hat die sozialliberale Opposition ersten Prognosen zufolge einen deutlichen Sieg über die konservative Regierungspartei von Präsident Yoon Suk Yeol errungen.
Die Demokratische Partei (DP) von Oppositionsführer Lee Jae Myung könnte demnach ihre bisherige Stellung als stärkste Einzelpartei in der 300 Sitze umfassenden Nationalversammlung sogar ausbauen. Zusammen mit der kleineren Schwesterpartei Demokratische Allianz Koreas könne die Partei mit 178 bis 196 Sitzen rechnen, berichtete der öffentlich-rechtliche südkoreanische Sender KBS.
Die regierende Volksmacht-Partei (PPP) und ihre Verbündeten kämen auf nur 87 bis 105 Mandate. Grundlage der Prognose war eine gemeinsame Wählerbefragung mit den Sendern MBC und SBS direkt nach der Wahl. Belastbare Ergebnisse werden in der Nacht erwartet.
„Ergebnisse sind enttäuschend“
Für Yoons Partei wäre die Niederlage ein herber Dämpfer. Sie hatte gehofft, die Machtverhältnisse im Parlament zu ihren Gunsten ändern zu können, damit sie Gesetzesvorhaben leichter durchsetzen kann. „Die Ergebnisse der Nachwahlbefragungen sind enttäuschend“, sagte der PPP-Chef Han Dong Hoon laut der nationalen Nachrichtenagentur Yonhap noch vor Beginn der Stimmenauszählung.
Experten sprachen im Fernsehen von einem sich andeutenden Desaster für das Regierungslager. Die Wahl galt als wichtiger Zwischentest für die Regierung unter Yoon, der seit zwei Jahren im höchsten Staatsamt ist. Die nächste Präsidentenwahl in dem demokratischen Land ist für 2027 geplant.
Nach Berechnungen der Sender könnten auf zwei kleinere progressive Parteien bis zu 16 Abgeordnetenmandate entfallen. Damit sei es möglich, dass ein übergreifender Oppositionsblock eine „Super-Majorität“ von 200 Sitzen erlangt, hieß es. Das würde ihm theoretisch erlauben, die Verfassung zu ändern. Zwar kann Yoon nach der Präsidialverfassung des Landes wie bisher auch mit einer Mehrheit der Opposition im Parlament weiter regieren. Doch können in diesem Fall wichtige Reformvorhaben der Regierung von der Opposition blockiert werden.
Der Wahlkampf in Asiens viertgrößter Volkswirtschaft war von gegenseitigen Angriffen der gegnerischen Parteien geprägt. Die DP und andere Parteien hatten dazu aufgerufen, ein Urteil über die Regierung zu fällen, der sie unter anderem angesichts steigender Preise für Lebensmittel wirtschaftliche Inkompetenz vorwarfen. Die PPP bat die Wähler, mit ihrem Votum die Reformpolitik der Regierung zu unterstützen und die Opposition in Schach zu halten. Zur Wahl am Mittwoch waren mehr als 44,25 Millionen Bürger aufgerufen worden, ihre Stimmen abzugeben. Die Beteiligung lag nach vorläufigen Angaben der staatlichen Wahlkommission bei 67 Prozent. Laut der Agentur Yonhap war das der höchste Wert bei Parlamentswahlen seit 32 Jahren.