Ein Mann versucht 2019 in Los Angeles einen Identitätsdiebstahl anzuzeigen und wird selbst verhaftet. Dann kommt raus: Er ist das Opfer. Ein Ex-Kollege führte jahrzehntelang eine Leben unter dem gestohlenen Namen des irrtümlich Beschuldigten. 

Als der zu jener Zeit obdachlose William Woods im Jahr 2019 erfuhr, dass jemand Schulden unter seinem Namen anhäufte und seine Bedenken einer Bank meldete, wurde er selbst des Identitätsdiebstahls beschuldigt. Daraufhin verbrachte William Woods mehr als ein Jahr im Gefängnis und einer Nervenheilanstalt. Er wurde unter der Auflage entlassen, seinen eigenen Namen nicht mehr zu verwenden. 

Verursacht wurde Woods‘ Misere vom gleichaltrigen Matthew Keirans. Der hatte im Jahr 1990 William Woods‘ Identität gestohlen und wurde erst nach Jahrzehnten enttarnt – auch durch Fehler amerikanischer Behörden. Dem 58-jährigen Keirans droht nun eine lange Haftstrafe.

Woods und Keirans lernten sich 1988 kennen

Der Fall begann im Jahr 1988: Matthew Keirans und William Woods lernten sich damals als Arbeitskollegen bei einem Hot-Dog-Wagen in Albuquerque im US-Bundesstaat New Mexico kennen, wie der „Guardian“ berichtet. Tatsächlich ähneln sich die zwei Gleichaltrigen optisch. 1990 beschaffte sich Keirans einen gefälschten Ausweis mit Woods‘ Namen und Geburtsdatum darauf. 

Es gibt keine Aufzeichnungen darüber, dass Keirans nach 1988 jemals wieder seinen eigenen Namen oder seine Sozialversicherungsnummer verwendet hat. Laut Gerichtsunterlagen begann er im Jahr 1990 damit, öffentlich den Namen William Woods anzunehmen. Was Keirans dazu veranlasste, seinen Namen auf diese Weise zu ändern, ist laut einem Behördensprecher unklar. Die Aufzeichnungen deuten Berichten zufolge jedoch darauf hin, dass er eine schwierige Kindheit hatte. So soll er mit 16 Jahren von zu Hause weggelaufen sein, reiste quer durch das Land, stahl ein Auto in Kalifornien und wurde in Oregon verhaftet. Vor Gericht musste er aber nie.

Identitätssdiebstahl 08.02

Wozu hat Matthew Keirans die Identität von William Woods verwendet?

Im Laufe der Jahre bekam Keirans sein als William Woods sein Leben in den Griff: Er heiratete, wurde Vater eines Sohnes und bekam eine gutbezahlte IT-Stelle in einer Universitätsklinik in Iowa. Seine Frau und sein Sohn tragen ebenfalls den Namen Woods. Keirans nutzte sogar eine Ahnenforschungswebsite, um die Familiengeschichte von William Woods zu recherchieren. Diese nutzte er dann, um an eine Kopie von William Woods‘ Geburtsurkunde zu gelangen. 

Mit der gestohlenen Identität beantragte er zudem Kredite in Höhe von mehr als 200.000 US-Dollar, wie die Nachrichtenagentur „Associated Press“ (AP) berichtet. Als der echte William Woods 2019 von den Schulden in seinem Namen erfuhr, ging er in Los Angeles zur Bank und teilte mit, dass er diese nicht begleichen wolle. Er legte seine Sozialversicherungskarte sowie seinen kalifornischen Ausweis vor. Da beträchtliche Geldbeträge auf den Konten verzeichnet waren, stellte der Filialleiter ihm eine Reihe von Sicherheitsfragen. Die konnte er nicht beantworten, der Filialleiter rief die Polizei. Woods wurde verhaftet.

Keirans – der ja seit Jahrzehnten als Woods auftrat – sagte der Polizei wiederum, er habe niemandem in Kalifornien die Berechtigung gegeben, auf seine Bankkonten zuzugreifen. Daraufhin wurde der echte William Woods des Identitätsdiebstahls und der falschen Personenidentifikation beschuldigt. Ein kalifornischer Richter befand ihn für nicht geistig zurechnungsfähig, um vor Gericht zu stehen, und schickte ihn in eine staatliche Nervenheilanstalt, wo er medikamentös behandelt wurde.

Nach 428 Tagen im Bezirksgefängnis und 147 Tagen in der Psychiatrie wurde Woods unter der Bedingung freigelassen, den Namen William Woods nicht mehr zu verwenden. Doch William Woods kämpfte weiter darum, seine Identität zurückzugewinnen. Er wandte sich schließlich an die Universitätsklinik Iowa, wo Keirans alias Woods mehr als 100.000 US-Dollar im Jahr verdiente. Als Keirans davon erfuhr, behauptete er in einem Interview, das Opfer sei „verrückt“ und „brauche Hilfe sowie Einweisung“.

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Matthew Keirans: „Mein Leben ist vorbei“

Woods jedoch gab nicht auf: Ein Detektiv fand den biologischen Vater und veranlasste einen Vergleich von DNA-Proben, der bestätigte, dass er der echte William Woods ist. Als die Polizei Keirans mit dem DNA-Beweis konfrontierte, erklärte dieser nur: „Mein Leben ist vorbei“ und „Alles ist weg.“

Die Nachricht schockierte die Familie und Freunde von Keirans. In Briefen, die an das Gericht zu seinen Gunsten geschrieben wurden, wurde er als guter Vater, freundlich und vertrauenswürdig beschrieben. „Ich glaube, Matthews Motivation war einfach: die Familie und das Zuhause zu schaffen, die er in seiner Jugend nicht hatte“, schrieb seine Frau Nancy. 

Matthew Keirans wurde schließlich wegen schweren Identitätsdiebstahls und der Abgabe falscher Aussagen angeklagt zeigte sich geständig. Ihm drohen nun wegen der Betrugsdelikte bis zu 32 Jahren Freiheitsstrafe. Die Strafmaßverkündung steht aus. 

Quellen: „Guardian“, „Associated Press“