Die AfD-Spitze stellt sich hinter ihre Nummer 2 für die Europawahl – vorerst. Dahinter steckt auch die ungeklärte Kanzlerkandidatur.

Nach der wöchentlichen Schalte des AfD-Bundesvorstands, in dem der Bundestagsabgeordnete Petr Bystron zum Rapport geladen war, gab sich Stephan Brandner maximal überzeugt. „Aus meiner Sicht ist an den Vorwürfen nullkommanix dran“, sagte der stellvertretende Parteivorsitzende dem stern. „Das war von Anfang nur eine Schmutzkampagne von Medien und Geheimdiensten.“ An dieser Stelle herrsche „völlige Geschlossenheit“.

Wenig später meldeten sich seine beiden Vorsitzenden – und klangen vorsichtiger. Bystron habe den Anschuldigungen „vehement widersprochen“ und werde „alle getätigten Aussagen schriftlich niederlegen“, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung von Alice Weidel und Tino Chrupalla. Die AfD setze sich für eine „umfassende Aufklärung“ ein. „Zum jetzigen Zeitpunkt muss der Bundesvorstand von der Unschuld Herrn Bystrons ausgehen.“

Übersetzt heißt das: Die AfD hält zu Bystron, der immerhin auf Platz 2 ihrer Liste für die Europawahl steht. Allerdings gilt diese Unterstützung nur unter Vorbehalt. Falls doch noch Belege vom Prager Geheimdienst auftauchen sollten, dass der Abgeordnete direkt oder indirekt russische Gelder annahm, könnte der Vorstand Bystrons schriftliche Stellungnahmen gegen ihn verwenden und entsprechend  handeln.

Die Nervosität in der AfD ist vor den Wahlen groß

Die taktische Solidarität hat nicht nur mit dem eingeschränkten Vertrauen in die extrem schillernde Persönlichkeit von Bystron zu tun, sondern auch mit dem Zeitpunkt der Affäre. Bis zur Europawahl sind es nur noch zwei Monate, danach beginnen die Landtagswahlkämpfe in Sachsen, Thüringen und Brandenburg – und danach dräut auch schon die Bundestagswahl. 

Entsprechend groß ist die Nervosität, zumal die Umfragen für die AfD schon mal besser waren – und sich je nach Ausgang der diversen Wahlen das Machtgefüge innerhalb der Partei wieder verschieben kann. Und am Ende ist da noch die uneklärte Kanzlerkandidatur: Welches Lager dominiert die Partei? Das von Weidel? Oder von Chrupalla?

Die Affäre rührt an der alten Konfliktlinie der AfD. Die Hardliner, die sich immer offener dem Aggressor Russland andienen und selbst in Geldzahlungen an Bystron kein Problem sehen würden, stehen gegen jene, die zumindest nach außen hin Mindestabstand zu Moskau halten. Chrupalla gilt eher im ersten Lager als verankert, Weidel im letzten. Aus dieser Konstellation erklärt sich der aktuelle Formelkompromiss. Er liest sich auch wie ein vorsichtiges Abtasten.

Petr Bystron darf Europawahlkampf machen und seine Thesen einer angeblich „globalistischen“ Verschwörung gegen sich verbreiten. Doch das Risiko für den Fall, dass er gelogen haben sollte, trägt allein er selbst.