Rechnungs- und Ratenkäufe sind beliebt. Besonders junge Menschen nutzen zeitverzögerte Bezahlformen regelmäßig. Das ist bequem, kann aber zur Schuldenfalle werden.

Disclaimer Capital

Jeder vierte Deutsche hat im vergangenen Jahr die Zahlungsoption „Buy now, pay later“ genutzt. Das geht aus Umfrageergebnissen des jüngsten Retail Reports vom Zahlungsdienstleister Adyen hervor. Dabei wurden deutschlandweit 2000 Verbraucherinnen und Verbraucher nach ihrem Konsumverhalten gefragt.

Daten aus der Untersuchung, die Capital vorliegen, zeigen, dass viele Konsumenten die zeitverzögerte Bezahlung wiederholt nutzen: Zwei Drittel der „Buy now, pay later“-Nutzer, die diese Bezahloption einmal nutzten, wickeln auch später mindestens einmal im Monat einen Einkauf darüber ab, im Schnitt sogar 4,5 Einkäufe pro Monat. Am häufigsten zahlen die befragten Shopper Beträge bis 115 Euro über kreditbasierte Bezahlverfahren. Waren, die vierstellig kosten, sind eher die Ausnahme. Im Schnitt geben die Befragten die Höhe einer „Buy now, pay later“-Transaktion mit 281 Euro an.

Jüngere wählen häufiger zeitverzögerte Bezahlform

Besonders jüngere Kundinnen und Kunden in Deutschland shoppen häufig auf Pump, zeigen die Ergebnisse der Adyen-Auswertung. Ganze 34 Prozent der Millennials (27-42 Jahre) nutzten „Buy now, pay later“, bei der Generation Z (16-26 Jahre) waren es 27 Prozent. Umfrageteilnehmer aus der Gen Z gaben an, im Schnitt 7,37 Mal im Monat auf Raten oder Rechnung einzukaufen, Millennials etwas mehr als fünf Mal.

Den durchschnittlichen Preis eines „Buy now, pay later“-Einkaufs gaben alle Befragten am häufigsten im zwei- bis niedrigen dreistelligen Bereich an. Je jünger die Befragten sind, desto eher scheinen sie sich aber zu teureren Anschaffungen auf Kredit hinreißen zu lassen: Eine durchschnittliche Transaktion, die Befragte der Gen Z mit „Buy now, pay later“ bezahlen, beläuft sich auf 911 Euro, bei den Millennials liegt der Durchschnittswert bei 205 Euro.

Rechnung oder Rate

Jetzt kaufen, später bezahlen – das ist nichts wirklich Neues. Dahinter stecken Formen der kurzfristigen Finanzierung, die zuletzt besonders im Onlinehandel in Mode gekommen sind, aber zunehmend auch im stationären Handel ankommen. Altbekannt ist der Rechnungskauf: Dabei bestellen Käuferinnen und Käufer die gewünschte Ware und bezahlen sie erst, wenn sie diese erhalten haben und behalten wollen. Die entsprechende Rechnung kommt vom Händler oder vom Zahlungsdienstleister gleich mit dem Paket, per E-Mail oder Brief. Sie enthält Angaben zur Frist, bis wann die Zahlung fällig wird. In der Regel bleiben ab dem Warenversand 14 bis 30 Tage Zeit.

Eine andere Option ist der Ratenkauf, bei dem Käuferinnen und Käufer den für ihren Einkauf fälligen Betrag nach und nach abbezahlen. Es handelt sich also um einen Kredit, dessen Laufzeit sich meist über mehrere Monate zieht. Was praktisch und bequem klingt, kann aber teuer werden. Die spätere und gestaffelte Zahlung bezahlen Käuferinnen und Käufer mit Zinsen, deren Höhe die Anbieter bestimmen. Das verteuert den Einkauf.

Ob Verbraucherinnen und Verbrauchen überhaupt auf Pump einkaufen können, hängt meist von ihrer individuellen Bonität ab. Händler arbeiten bei Rechnungs- und Ratenkäufen entweder mit Banken oder mit speziellen Zahlungsdienstleistern wie Klarna oder Paypal zusammen. Sie überprüft ab einem bestimmten Kaufbetrag die jeweilige Kreditwürdigkeit bei der Schufa und anderen Auskunfteien.

Flexibilität mit Tücken

Die Bequemlichkeit zeitverzögerter Bezahlmethoden kann riskant werden: Niedrige Raten und späte Fälligkeiten, die in scheinbar ferner Zukunft liegen, können zu unbedachten Käufen verleiten. Verbraucherinnen und Verbraucher können schnell den Überblick über ihre Rechnungen und Verbindlichkeiten verlieren und rasch Schulden anhäufen. Gerade unter jungen Menschen hat die Verschuldung im vergangenen Jahr zugenommen. Das zeigen Zahlen des Schuldneratlas 2023 der Wirtschaftsauskunftei Creditreform. Verbraucher zwischen 18 und 30 Jahren sind den Daten zufolge die einzige Gruppe, bei denen 2023 mehr Personen überschuldet waren als im Jahr 2022.

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Als Grund für die gestiegene Verschuldung unter jungen Erwachsenen führt Creditreform auch die „Buy now, pay later“-Zahlungsoptionen an, die die jüngeren, internetaffinen und konsumoffenen Zielgruppen zunehmend nachfragen und nutzen würden. Das bestätigt auch der aktuellen Risiko- und Kredit-Kompass der Schufa: Die Anzahl neu abgeschlossener Ratenkreditverträge ist alleine im Jahr 2022 von 7 auf 9,1 Millionen gestiegen – also um rund 30 Prozent.

Vor einer „Buy now, pay later“-Schuldenfalle soll bald eine neue Verbraucherkreditrichtlinie schützen. Diese haben die EU-Länder im Oktober 2023 gebilligt. Sie soll Händler und Zahlungsdienstleister dazu verpflichten, Informationen über Kredite, etwa deren Gesamtkosten, klar und verständlich darzustellen. 

Außerdem sollen Kundinnen und Kunden auch bei Kleinkrediten unter 200 Euro sowie unentgeltlichen und kurzfristigen Krediten eine Prüfung der Kreditwürdigkeit durchlaufen müssen – typische „Buy now, pay later“-Bezahlmethoden. Bis der verbesserte Verbraucherschutz greift, kann es aber noch dauern: Die EU-Mitgliedstaaten haben zwei Jahre Zeit, die Vorgaben der Richtlinie in nationales Recht umzusetzen und drei Jahre, um sie anzuwenden.