Die Klageflut gegen staatliche Schutzmaßnahmen ist Geschichte. An Sachsens Verwaltungsgerichten sind die Aktenberge nahezu abgearbeitet – mit einer Ausnahme.
Vier Jahre nach Beginn der Corona-Pandemie gehen bei den sächsischen Verwaltungsgerichten so gut wie keine Klagen gegen Schutzmaßnahmen mehr ein. Allerdings gibt es Restbestände, vor allem am Oberverwaltungsgericht (OVG) in Bautzen. „Momentan sind noch rund 50 Verfahren mit Corona-Bezug anhängig“, sagte ein Gerichtssprecher der Deutschen Presse-Agentur. Bei etwa der Hälfte davon werde dazu die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVG) in der Sache abgewartet – bisher habe das BVG alle Auffassungen des OVG bestätigt.
Am Verwaltungsgericht Dresden sind noch sechs Klagen anhängig. Dabei geht es nach Angaben eines Sprechers etwa um das Nutzungsverbot eines Spa-Bereichs, um Entschädigung oder um Auszahlungen nach Coronavirus-Testverordnung. „Insgesamt ist die Bilanz seit 2020 rückläufig.“ Die Klageeingänge sanken von damals 54 über 12 und 5 in den Folgejahren auf zwei 2023.
„In diesem Jahr war es bisher eine.“ Dazu komme eine einstellige Zahl an Verfahren aus dem Versammlungsrecht mit Corona-Hintergrund wegen pandemiebedingter Auflagen – bisher ohne einen Erfolg. In 175 erledigten Eilverfahren ging es um Ladenöffnungen, Hygieneauflagen wie Masken- oder Testpflicht, Zugang zu öffentlichen und privaten Einrichtungen, die Gültigkeit von Genesenenbescheinigungen oder Impf-Priorisierungen.
2021 waren es 39, 2022 dann 69 – hauptsächlich Verfahren wegen Genesenenbescheinigungen – sowie etwa 15 Verfahren aus dem Versammlungsrecht wegen Auflagen. In zwei Fällen wurde der Klage stattgegeben, in einem zum Teil. Zudem sind noch 41 andere Verfahren mit Corona-Bezug anhängig. In den meisten, „wenn nicht in allen dieser Fälle“ gehe es um Corona-Hilfen oder inzwischen deren Rückforderung, sagte der Sprecher. Insgesamt sei es „ein buntes Sammelsurium aus allen möglichen Rechtsgebieten“.
Am Verwaltungsgericht Leipzig wurden Rechtsstreitigkeiten um Corona-Maßnahmen nur bis Mitte 2022 statistisch erfasst. 2020 gingen 52, im Jahr darauf 77 und in der ersten Hälfte 2022 nochmals 55 Verfahren zu Einschränkungen von Rechten aufgrund der Pandemie ein. Sie sind nach Angaben eines Sprechers „mehr oder weniger vollständig“ abgearbeitet. Vorrangig wurde um Beschränkungen des Einzelhandels und Dienstleistungssektors sowie der Versammlungsfreiheit gestritten.
Allerdings: „In einem Rechtsgebiet spielt die Pandemie noch eine größere Rolle, „dem der staatlichen Subventionen“, sagte der Sprecher. Aufgrund der vielen Programme von Bund und Ländern für die Wirtschaft und Bewilligungen in Hunderttausenden Fällen allein in Sachsen „gibt es mittlerweile zahlreiche Streitigkeiten um die Rückforderungen der entsprechenden Geldleistungen“. In diesem Bereich nähmen die Eingänge deutlich zu.
Das Verwaltungsgericht Chemnitz indes hat das Thema Corona abgeschlossen. Die Fälle betrafen angeordnete Schließungen von Ladenlokalen, Fitnessstudios, Sauna oder Schwimmbad oder Prostitutionsstätte, wie eine Sprecherin mitteilte. Spätere Verfahren betrafen eine Vielzahl von Eilverfahren um Anordnungen von Quarantäne oder die Verlängerung des Genesenenstatus – die meisten waren erfolglos.
Am OVG gab es insgesamt 518 Verfahren im Kontext der Pandemie. Der Höhepunkt war 2021 mit 254 nach 186 im Jahr zuvor. 81 waren es 2022. „In der Anfangszeit waren Schließungen und Lockdowns in unterschiedlicher Ausprägung der Schwerpunkt, limitierte Öffnungszeiten und Flächenvorgaben“, sagte ein Sprecher. „Das betraf alle, Gaststätten, Hotels, Friseure, Elektronikmärkte, queerbeet.“
Auch Skurriles sei darunter gewesen wie das Ansinnen, Silvester alte Böller aus dem Keller zu holen trotz Feuerwerksverbots. Eine „gewisse Rolle“ hätten zudem Demonstrationsverbote oder Demonstrationseinschränkungen gespielt, und die Maskenpflicht mit Schulen als Schwerpunkt. Der Abschluss sei die Impfpflicht gewesen. „Man kann sagen, dass 40 Prozent der Verfahren, wo Corona-Verordnungen angegriffen werden, noch im Kontrollverfahren sind.“
Der Rest seien Beschwerden und da gehe es eigentlich immer um Schadenersatz. So machten Kaufhäuser oder Hotels Einbußen geltend, weil sie vom Staat zu wenig bekommen hätten – und auch mit Eingriffen wie Beschränkungen bei Gottesdiensten oder der Limitierung bei Beerdigungen beschäftigten sich Richter noch.