Olaf Heine hat schon viel gesehen. Er hatte bereits Superstars vor der Linse, hat in Ruanda fotografiert und zeigt in seinem neuen Werk nun, dass man auch Hawaii aus einer neuen Perspektive betrachten kann. 

Welches Bild kommt Ihnen als erstes in den Sinn, wenn Sie an Hawaii denken? Vielleicht sind es die bunten Blumenketten, vielleicht fröhlich lächelnde Hawaiianer bei einem Fest auf gelben Sand, im Hintergrund das türkisblaue Wasser auf der einen und die sattgrünen Wälder auf der anderen Seite. Vielleicht sind es auch Hawaii-Hemden. Aber die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass es knallige Farben sind, die Sie mit Hawaii verbinden. 

Dabei hat die Inselgruppe im Zentralpazifik auch eine andere Seite, eine fast melancholische, tiefgründige Seele, die man auf den ersten Blick oder aus der Ferne womöglich übersehen kann. Der berühmte Porträt-Fotograf Olaf Heine hat die Inseln jahrelang besucht – mal privat, mal wegen eines Auftrags – und wirft in einer neuen Fotoreihe einen ganz eigenen Blick auf Hawaii. 

„Ich habe elf Jahre in Los Angeles gelebt und da ist so eine Reise nach Hawaii ein wenig wie von Berlin aus nach Mallorca zu fliegen“, erzählt Heine im Gespräch mit dem stern von den Anfängen des besonderen Projekts. Der erste Besuch fand bereits im Jahr 1999 statt. Danach kam er immer wieder – zuerst des Berufes wegen, „aber dann haben mich die Inseln immer mehr in den Bann gezogen.“

Hawaii ist mehr als sein buntes Image

Was genau reizt den Fotograf, der sonst vor allem Musiker und Prominente aus aller Welt vor der Kamera hat, an einem Ort wie Hawaii? „Am meisten fasziniert mich wohl der Ozean. Er ist gleichermaßen lebensstiftend wie bedrohlich für die Bewohner Hawaiis, das Wasser verändert ständig die Konturen der Inseln“, erklärt Heine. Gleichzeitig spiegele der Ozean aber auch die Folgen des menschlichen Handelns gnadenlos wider – etwa in Form von riesigen Plastiksammlungen, die vom Meer angespült werden. „Vor der Küste im Osten und Süden der Hauptinsel Hawaii etwa zirkuliert der sogenannte Great Pacific Garbage Patch – eine Plastikhalde, dreimal so groß wie Frankreich.“

Heine merkt bei seinen Besuchen schnell: Hawaii ist sehr viel mehr, als sein buntes Image. Also beschließt er, die Inseln und vor allem ihre Bewohner zu porträtieren. Genau so, wie er es schon einmal getan hat, in Brasilien. Beide Fotoreihen sind größtenteils in schwarz-weiß. Das Brasilien-Projekt beschäftigte Heine zwischen 2010 und 2014. Er traf auf ein Land im Aufschwung – gesellschaftlich, kulturell und wirtschaftlich – und mit einer optimistischen Aufbruchstimmung. 

Hawaii als einer der letzten ursprünglichen Orte der Welt

„Es war vor allem die Architektur von Oscar Niemeyer, die mich begeisterte und die ich als verbindendes Element genommen habe, um diese Stimmung einzufangen“, sagt Heine. Und dann beschreibt er einen brasilianischen Begriff, den er treffen wollte: „Saudade“. Das bedeutet in etwa Sehnsucht und gehört zu den wichtigsten Wörtern der Brasilianer. „Es beschreibt eine Art Lebensgefühl, man spürt es nahezu überall.“ 

Auf Brasilien folgt nun also Hawaii. Beide Bildbände erscheinen gerade neu, weil sie für Heine irgendwie zusammengehören. Aber Hawaii ist für den renommierten Fotografen noch aus einem anderen Grund ein wichtiges Projekt: „Für mich ist Hawaii einer der letzten Orte auf dieser Erde, die sehr nah am Ursprung unseres Planeten sind. Einerseits aufgrund der Vegetation, andererseits, weil dort der Planet in Form von eruptierenden Vulkanen noch unglaublich aktiv ist.“ Und dann ist da natürlich noch der Ozean. Auf Hawaii drehe sich letztendlich alles um die Bewegung der See, um die Wellen und die ständig wechselnden Witterungen. „Der Ozean bestimmt den Rhythmus des Lebens. Für mich ist er auch irgendwie der heimliche Architekt der Inselgruppe.“

In unserer Bildergalerie zeigen wir sechs Fotos aus Brasilien und Hawaii – und lassen sie von dem Menschen erklären, der es am besten kann: Olaf Heine.