75 Jahre nach Gründung der Nato sieht der Sicherheitsexperte Christian Mölling keine Alternative zum Bündnis – und rät zu Entschlossenheit gegenüber Putin

Podcast Die Lage 5.4.2024

Der Sicherheitsexperte Christian Mölling rät der Nato zum 75. Jubiläum, dem russischen Präsidenten klare Grenzen aufzuzeigen. Im stern-Podcast „Die Lage – international“ sagte Mölling am Freitag: „Dann müssen wir vielleicht mal ein bisschen mit dem Säbel rasseln.“ Er hielt dem Westen vor, dass die Sorge vor einer Ausweitung des Konflikts mit Russland genau die Effekte haben könne, die man vermeiden wolle. „Wir sind in einem Angstdiskurs, der Moskau beflügelt“, klagte der Forschungsdirektor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik. Putin müsse nur „das A-Wort sagen“ – also mit Atomwaffen drohen – und alle zuckten zusammen. Aus Möllings Perspektive wäre es sinnvoller, Putin gegenüber härter aufzutreten. „Wir schließen Dinge aus, anstatt zu überlegen, was eine Möglichkeit ist, einen Erfolg über Putin zu erringen“, kritisierte er. Dies erhöhe die Gefahr, dass die russische Aggression in einigen Jahren auch das Nato-Gebiet erreicht. Mölling fragte: „Was machen wir eigentlich, wenn Putin sagt: Ich kann ja Berlin schadlos halten, aber Ostpolen hätte ich schon gerne.“

„Jetzt nicht den Stöpsel ziehen“

Der Sicherheitsexperte verwies darauf, dass es zur Nato, bei allen Unzulänglichkeiten der Organisation, keine Alternative gebe. Die Europäische Union habe sich im militärischen Bereich nicht durchgesetzt. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) sei „quasi tot“. Angesichts der Bedrohung durch Russland sei jetzt nicht die Zeit, über grundsätzlich neue Konzeptionen nachzudenken. „Jetzt gerade würde ich nicht den Stöpsel rausziehen wollen“, sagte er zur nordatlantischen Allianz. Die Europäer sollten den USA „attraktive Angebote“ machen, um deren Bereitschaft zum Engagement in Europa zu erhalten. Auch wenn sich die amerikanische Sicht auf den Kontinent wandele, könnten die USA kein Interesse an einem instabilen Europa unter einem stärkeren Einfluss Russlands oder Chinas haben. Keine sichere Prognose gab Mölling für den Fall ab, dass Donald Trump wieder US-Präsident werden sollte. Er neige aber zu der Erwartung, dass der Apparat, ohne den Trump nicht regieren könne, in einer denkbaren zweiten Amtszeit „in die Speichen greifen“ werde, um schwere Fehler abzuwenden.