Strafgefangene werden vorzeitig entlassen, Urteile müssen untersucht werden: Die juristischen Folgen der Cannabis-Freigabe sind weitreichend. Die Prüfungen laufen – und werden noch einige Zeit dauern.

Ein Erwachsener ist im Saarland vorzeitig aus dem Strafvollzug entlassen worden und profitiert so von dem seit dem 1. April geltenden Gesetz zum Besitz von Cannabis. Das teilte die Staatsanwaltschaft Saarbrücken auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit (Stand 4. April). Rechtskräftige Strafen wegen bestimmter Cannabisdelikte sind seit Monatsbeginn nicht mehr straf- oder bußgeldbewehrt.

Zwei weitere Erwachsene würden wohl Mitte April entlassen, weil sich die Strafe wegen der Regelung verkürze, hieß es. Hinzu komme eine einstellige Zahl von Erwachsenen, bei denen eine derartige Strafe zwar entfalle – die aber zur Vollstreckung anderer Strafen in Haft blieben, hieß es.

Tausende Strafvollstreckungsverfahren prüfen

Grundsätzlich müssten alle etwa 21.000 laufenden Strafvollstreckungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft Saarbrücken geprüft werden, hieß es. „Hintergrund ist, dass eine EDV-mäßige Identifizierung, ob in einem Verfahren – auch – eine Verurteilung wegen des Umgangs mit Cannabis erfolgt ist, nicht mit hinreichender Sicherheit möglich ist.“

Zudem seien mehr als 2700 Verfahren für eine gesonderte, priorisierte Auswertung identifiziert worden, bei denen ein erhöhter Verdacht bestehe, dass sie der Neuregelung unterliegen könnten, hieß es. „Diese Überprüfung ist weitestgehend abgeschlossen.“ Hinzu komme die Auswertung weiterer etwa 1300 Verfahren, in denen eine nachträgliche Gesamtstrafe gebildet wurde – weil ein etwaiges einbezogenes Cannabisdelikt mittlerweile straflos ist. „Diese Überprüfung ist noch nicht abgeschlossen.“

Bisher seien etwa 700 Verfahren identifiziert worden, die der Regelung unterliegen und nachzubearbeiten seien, hieß es. Davon seien wohl etwas mehr als 300 Verfahren einer gerichtlichen Neufestsetzung der Strafe zuzuführen.

Enormer Arbeitsaufwand

Die Staatsanwaltschaft verwies auf einen enormen Arbeitsaufwand. Allein die Prüfung, ob rechtskräftig verhängte, bisher nicht vollstreckte Strafen unter die Regelung fallen und damit einer Nachbearbeitung bedürfen, dauere bereits seit rund vier Monaten an, hieß es. Allein an der Prüfung der mehr als 2700 Verfahren der priorisierten Auswertung habe eine Staatsanwältin in Vollzeit rund dreieinhalb Monate gearbeitet.

Andere Sondierungen durch Sachbearbeiter und Servicekräfte verliefen im laufenden Betrieb und unter Einsatz von Rechtsreferendaren. Hinzu kämen planerische und organisatorische Vor- und Begleitarbeit unter Beteiligung etwa von EDV-Personal „in erheblichem Umfang“.

Abschluss unklar

Zudem komme nun der Aufwand für die Nachbearbeitung derjenigen rund 700 Verfahren hinzu, die der Regelung unterfallen. Insbesondere müssten Gerichte etwa Gesamtstrafen neu bestimmen. „In mehr als 300 Verfahren wird eine gerichtliche Neufestsetzung der rechtskräftigen Strafe erforderlich sein“, hieß es.

Ein Zeitpunkt, wann sämtliche Arbeiten abgeschlossen sein könnten, sei derzeit seriös nicht zu nennen, teilte die Staatsanwaltschaft Saarbrücken mit.

Homepage