Der Rollkragenpullover ist zurück. Immer mehr Spitzenpolitiker tragen ihn. Das hat einen guten Grund. Unser Autor sieht da aber ein Problem. 

Der Frühling naht und mit ihm eine modische Jahreszeitenwende. Nach der Osterruhe heißt es für deutsche Spitzenpolitiker: mehr Hals wagen, bitte! Der Rollkragenpullover kann zurück in den Schrank. Er hat seinen Aufritt gehabt.

Ja, richtig gelesen, der Rolli erlebt eine späte Politisierung. Sein Comeback als elegantes Kleidungsstück hat die Kabinette und Parlamente erreicht. Immer mehr Männer der Macht verstecken ihren Hals im Schlauchkragen. Justizminister Marco Buschmann trägt ihn, Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow auch, Vize-Vize-Kanzler Christian Lindner sowieso. Selbst Juso-Chef Philipp Türmer kleidet sich wenig klassenbewusst klassisch.

Juso-Chef Philipp Türmer
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Der Rollkragenpullover kennt kein Dilemma 

In der farblichen Kombination mit Sakko bleiben die meisten Politiker konservativ-monochrom: Blau auf Blau, Schwarz auf Schwarz. Keine Experimente! In der politischen Farbenlehre neigt der Rollkragenpulli zu Gelb. Bei der FDP haben sie ihn besonders gern. Was daran liegen mag, dass dort der Hals auf die Ampelkoalition besonders dick ist. Da hilft so eine Halsbedeckung natürlich, den ganzen Frust zu verbergen.

Finanzminister Christian Lindner
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Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow
© Martin Schutt

Besser noch erklärt sich der Rolli-Trend mit den praktischen Problemen des modernen Mannes. Früher war schließlich alles einfacher. Anzug, Krawatte, fertig. Nur: Wer trägt heute noch gern Krawatte? Sogar Friedrich Merz soll schon ohne gesichtet worden sein. Vor dem Spiegel steht Mann nun stets vor dem Zweiter-Knopf-Dilemma. Auf oder zu? Eigentlich muss er auf. Sieht sonst aus wie Versicherungsmakler, nichts Halbes und nichts Ganzes. Andererseits kann Reiner Haseloff nicht einfach rumlaufen wie David Hasselhoff. Offen bis zum Brusthaar wirkt schnell unseriös. Was tun?

Der Rolli kennt kein Dilemma. Er hat nur ein Problem: Er ist Saisonware.