Sie gilt als Expertin für Männer mit verqueren Frauenbildern: Veronika Kracher, Journalistin und Wissenschaftlerin, erklärt die Bewegungen Men Going Their Own Way (MGTOW), Incels und Red-Pill.
Frau Kracher, zunächst einmal wirken die MGTOW wenig gefährlich. Warum ist es frauenfeindlich, keinen Kontakt zu Frauen zu wollen?
Bei den MGTOW ist die Frauenfeindlichkeit weniger offensichtlich, aber trotzdem da, so wie bei den Incels. Gemeinsam haben Incels und MGTOW den reaktionären Umgang mit der Ablehnung. Beide unterstellen Frauen bösartig zu sein, oberflächlich und geldgierig. Sie machen es Frauen zum Vorwurf, dass es bei ihnen im Leben nicht geklappt hat.
Worin unterscheiden sich die beiden Gruppen?
Incels igeln sich dabei in ihrem Hass und Selbstmitleid ein, während MGTOW versuchen, sich selbst zu verbessern und ein Leben ohne Frauen zu führen.
Warum ist das frauenfeindlich?
Auch das beinhaltet letztlich eine reaktionäre Vorstellung von Geschlechterrollen und eine Rückkehr zu Männerbünden. Bei den MGTOW wird ein Bild von „purer, reiner Männlichkeit“ kreiert, dem Frauen angeblich im Weg stehen.
Welche Ideologie steckt dahinter?
Es geht hier am Ende um Macht. Die Anhänger dieser Vorstellung wollen eine imaginierte Vergangenheit zurück, in der Frauen angeblich den Männern zu gehorchen hatten. Sie fühlen sich vom Feminismus kastriert und ihrer Männlichkeit beraubt.
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Warum ist die Idee von der Matrix und die Redpill-Ideologie gefährlich?
Die Idee von der Matrix ist letztlich eine Verschwörungserzählung, die am Ende zu antisemitischen Vorstellungen einer Weltregierung führt. Um es klar zu sagen: Am Ende ist immer ein kleiner Kreis von Entscheidern verantwortlich für alles Böse in der Welt, und das sind dann die Juden.
Welche Rolle spielen Figuren wie Andrew Tate?
Tate normalisiert Frauenverachtung bei jungen Männern. Er und Menschen wie Klaus Thiele machen Geld damit, in dem sie junge Männer radikalisieren.
Welche Verantwortung tragen die Sozialen Medien dafür?
Die Plattformen tragen eine Mitschuld daran, in dem sie diese Videos nicht verbannen, sondern monetarisieren. Andrew Tate profitierte davon, dass der Algorithmus seine Aussagen immer und immer wieder in die Timeline von Millionen Männern spülte – bis Facebook, Instagram und YouTube ihn schließlich vor zwei Jahren von deren Plattform verbannten. Die Videos werden jedoch nach wie vor von seiner Anhängerschaft hochgeladen und immer noch von unzähligen Usern geschaut.