Als alles verloren scheint, springt der Alte Fritz vom Pferd und sammelt die Grenadiere. Das Bild von Carl Röchling verklärt Friedrich II. und poliert die Geschichte für Preußens Gloria tüchtig auf.

Der große Friedrich in Zorndorf, das Gemälde von Carl Röchling, fasste das Preußenbild des Kaiserreiches zusammen. Der König selbst greift die Standarte des Regiments von Bülow und führt die Truppen in den Angriff. Der Boden zertreten, voller Toter, die Grenadiere angeschlagen – doch der König schreitet nie wankend, stattdessen entschlossen und kühn voran – das Licht der Sonne im Gesicht. Und damit die Vorhersehung auf seiner Seite.

Kein Glanzstück des Alten Fritz 

Diese Episode geschah im Siebenjährigen Krieg in der eher konfusen Schlacht von Zorndorf. Preußen unter Friedrich gegen die Russen unter Wilhelm von Fermor. Zu den Glaubenssätzen der Zeit gehörte: Niemand widersteht dem Sturmangriff der preußischen Infanterie. Die Russen dieses Mal schon, die Preußen konnten keine Lücke in ihre Front schlagen. Ein Trick des Preußenkönigs – der Angriff mit unterschiedlich starken Flügeln – konnte auf dem Gelände nicht durchgeführt werden. Schließlich gab der linke Flügel der Preußen nach. Nur der König selbst konnte die Lage retten. Er sprang vom Pferd. Als er sich mit der Fahne des Regiments von Bülow zu Fuß gegen den Feind wandte, sammelten sich die Soldaten und folgten ihrem König. Damit war die Krise nun bereinigt, aber nicht ausgestanden. Sie rettete erst die Kavallerie unter General Friedrich Wilhelm von Seydlitz.

Der wartete kaltblütig auf den richtigen Moment, um die russische Hauptmacht im Rücken zu fassen. Viel kaltblütiger als Friedrich. Entgegen dem ausdrücklichen Befehl des Königs hatte der General den Angriff hinausgezögert. Hätte Seydlitz dem großen Friedrich gehorcht, wäre die Schlacht wohl verloren gegangen. Doch so konnte das Kernland Preußens, die Mark Brandenburg, gehalten werden.

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Das Militär als Basis des Staats

In dem Sieg von Zorndorf kann man eine entscheidende Schlacht im Siebenjährigen Krieg sehen. Das Bild zeigt die Verklärung der Alten Fritz. Friedrich II. erbte von seinem Vater Friedrich Wilhelm I. ein großes Heer. Friedrich Wilhelm, der Soldatenkönig, hatte diese Armee über Jahrzehnte sorgsam und mit obsessiver Liebe aufgebaut. Den großen Konflikt aber stets gescheut, nicht so sein Sohn. Sechs Monate nachdem er den Thron eingenommen hatte, begann er 1740 den Ersten Schlesischen Krieg. Die beiden Schlesischen Kriege und der folgende Siebenjährige Krieg waren Wagnisse, die Preußen an den Rand der Niederlage brachten. Am Ende gewann Friedrich dieses Spiel Va Banque. Danach war Preußen eine europäische Großmacht, deren Bedeutung primär auf dem Militär beruhte.

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Den Herrscher menschlich machen 

Das Heldentum seiner Soldaten war der Mythos, auf dem der Staat gründete. Dazu gesellte sich eine weitere Mythenbildung. Friedrich II. war ein schwieriger Mensch. Volkstümlich an ihm war nur die Sprache. Friedrich sprach ein perfektes Französisch, „gutes“ Deutsch konnte er nicht, aber die Sprache des einfachen Volkes. Eine ganze Reihe von Anekdoten handelten von der Begegnung des Herrschers mit seinem Volk und verliehen dem wohl eher unleidlichen Mann einen fast leutseligen Charakter. Etwa beim Thema Kartoffeln. Die Bauern wollten das neuartige Knollengewächs partout nicht anbauen. Der Legende nach soll der Monarch auf eine List verfallen sein. Er ließ Felder anlegen und die „kostbare“ Frucht streng von Soldaten bewachen. Nun wurden die Bauern neugierig und begannen, nachts Kartoffeln zu stehlen. Darauf hatte der Alte Fritz gewettet, die Wächter waren angewiesen, die Räuber nie zu entdecken.

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Die Kriege des Königs verursachten große Verluste und Verwüstungen. In der Nachwelt kittete eine Erzählung diese Wunden. Angeblich prügelte Friedrich in der Schlacht von Kolin auf seine geschlagenen Soldaten ein und schrie: „Kerls, wollt ihr denn ewig leben?“ Bis ein Veteran einschritt. Bei Fontane – dem Dichter des Alten Preußens – liest es sich so:

 Auch die Grenadiere wollen nicht mehr.

Wie ein Rasender jagt der König daher

Und hebt den Stock und ruft unter Beben:

„Racker, wollt Ihr denn ewig leben?

Bedrüger …“

„Fritze, nichts von Bedrug;

Für fünfzehn Pfennig ist’s heute genug.“

Das Gemälde zeigt Friedrich II. als entschlossenen, militärischen Führer. Dafür nannte man ihn den Großen und stellte den Preußenkönig so in eine Reihe mit den Kaisern Karl und Otto I.. Zurecht, denn durch ihn wurde Preußen zur Großmacht. Aber zum Abschluss kann man eine andere Anekdote erzählen: Von seinem verhassten Vater erbte Friedrich die beste Armee Europas, seinem Nachfolger hinterließ er 1786 die am meisten überschätzte Armee des Kontingents. Als sie mit den Rezepten des Alten Fritz 1806 in der Doppelschlacht von Jena und Auerstedt auf die Truppen Napoleons trifft, geht der Ruhm des alten Preußens an nur einem Tag unter.